Presserat rügt "Oe24" für veröffentlichtes Foto eines Femizidopfers
WIEN. "Oe24" hat mit einem Bericht über einen Femizid gegen den Ehrenkodex für die österreichische Presse verstoßen. Konkret rügte der Presserat das Boulevardmedium für die Veröffentlichung eines Porträtfotos, das die Frau an der Seite ihres Ehemanns, der sie später ermorden sollte, zeigt.
Mit dem unverpixelten Foto wurde der Persönlichkeitsschutz (Punkt 5 des Ehrenkodex) des Femizidopfers und dessen Angehöriger missachtet. Der gerügte Beitrag "Mann tötet seine Frau und schneidet ihr das Herz raus" ist Anfang März auf der Onlineseite oe24.at erschienen. Darin wird über einen äußerst brutalen Femizid in Brasilien berichtet. Eine Leserin wandte sich an den Presserat, da sie den Artikel als reißerisch und verharmlosend empfand. Der Senat 2 des Selbstkontrollorgans leitete ein Verfahren ein, an dem niemand vonseiten "Oe24" teilnehmen wollte.
Fotos können Trauerarbeit beeinträchtigen
Prinzipiell seien Berichte über Femizide von öffentlichem Interesse. Daraus ergebe sich jedoch nicht, dass der Persönlichkeitsschutz missachtet werden dürfe. Die Persönlichkeitssphäre eines Menschen müsse auch über dessen Tod hinaus gewahrt werden, stellte der Senat klar. Zudem können identifizierende Fotos die Trauerarbeit der Hinterbliebenen beeinträchtigen. Im vorliegenden Fall ändere es auch nichts, dass das Opfer mit Sonnenbrille abgebildet ist und das betroffene Ehepaar das Foto zunächst selbst in sozialen Netzwerken verbreitet hatte.
"Oe24" wird vom Presserat aufgefordert, freiwillig über den Ethikverstoß zu berichten. Das Medium erkennt die Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats an.