Neuer "Tatort": Wenn der "Tod" zum brutalen Rächer seiner Ehefrau wird
Peter Lohmeyer übt am Sonntag (ORF 2, 20.15 Uhr) im Frankfurter "Tatort" Selbstjustiz.
Ein Mann wird in einer einsamen Hütte zu Tode gefoltert. Zur Verwunderung der "Tatort"-Kommissare legt Polizeihauptmeister Matzerath ein Geständnis ab. Der nun Tote soll einst die Frau des Polizisten vergewaltigt haben. Den Täter spielt mit Peter Lohmeyer einer der Großen des deutschen Films. Über sein "Tatort"-Comeback und darüber, wie es mit dem "Jedermann" weitergeht, spricht der 58-Jährige im OÖN-Interview.
OÖN: "Die Guten und die Bösen" ist Ihr drittes "Tatort"-Gastspiel nach 1993 und 2000. Warum hat es 20 Jahre gedauert bis zu Ihrem "Tatort"-Comeback?
Peter Lohmeyer: Diese Frage habe ich mir selbst oft gestellt. Die Antwort: Ich weiß es nicht. Manchmal lohnt sich aber das lange Warten. Denn so ein gutes Drehbuch wie hier hatte ich lange nicht in der Hand. Beim "Tatort" geht’s ja oft nur darum, wie abgedreht oder heftig dieser sein kann. Über den Inhalt redet keiner. Das ist bei "Die Guten und die Bösen" anders. Die Frage der Selbstjustiz ist eine, an der man hängen bleibt. Was darf man? Wie weit kann man gehen? Wo hört Recht auf und fängt Gerechtigkeit an? Vielleicht schau ich ja am Montag nach der Ausstrahlung in einer Polizeidirektion vorbei und rede mit den Beamten dort über exakt diese Fragen. Das würde mich brennend interessieren.
Was hat Sie an der Rolle des wegen Selbstjustiz verhafteten Polizisten Matzerath gereizt?
Ich bin kürzlich gefragt worden, wie ich nur so eine Figur spielen könne. Eine, die einen Mord auf dem Gewissen hat. Wenn das Buch aber so gut ist, dann bin ich gerne das Werkzeug, um diese Figur zur Diskussion zu stellen. Gereizt hat mich primär die Frage, wie es einem wie Matzerath so geht, nur drei oder vier Stunden nach einer Bluttat. Was geht einem da durch den Kopf? Was fühlt man? Der Matzerath geht so kompromisslos durch diesen Film wie das Messer durch die Butter. Er will Gerechtigkeit – und dafür bestraft werden.
"Die Guten und die Bösen" zeigt Hannelore Elsner in ihrer vorletzten Rolle. Welche Erinnerungen hegen Sie an den Dreh mit ihr?
Es sind schöne Erinnerungen. Es war unsere erste berufliche Begegnung. Sie war top vorbereitet, gut drauf und sah toll aus. Wir wussten nicht, dass sie krank war. Dass ich noch mit ihr spielen durfte, damit hat sie mir kurz vor Ende ihres Lebens ein großes Geschenk gemacht. Wenn ich den Film sehe, bin ich nicht traurig. Nein, ich freue mich, sie zu sehen.
Die Salzburger Festspiele stehen zum 100-Jahr-Jubiläum vor der Absage. Wie hoch schätzen Sie die Chance ein, heuer noch als "Tod" auf der Bühne zu stehen?
Das ist wirklich blöd, ich hatte mich wahnsinnig darauf gefreut. Sollte es zu einer Verschiebung des "Jedermann" in den Herbst kommen, ich wäre mit dabei. Der Tod hat schließlich immer Zeit! (Lacht) Ich spiele den Tod auch zu Weihnachten im Weihnachtsmann-Kostüm, wenn’s sein muss. Zu lange hinauszögern sollte man das alles aber nicht. Denn ob im September ein internationales Publikum nach Salzburg kommen kann, ist angesichts der globalen gesundheitlichen Situation schon fraglich. Es kommt der Punkt, an dem ein kurzer, großer Schmerz besser ist als ein ewig andauernder.
Können Sie skizzieren, was uns bei dieser "Jedermann"-Inszenierung erwartet hätte?
Auf jeden Fall eine fantastische Buhlschaft in Person von Caroline Peters. Generell denke ich, dass man dieses Jubiläum bei jeder Vorstellung gespürt hätte, das hätte emotional stark mitgeschwungen. Da geht’s nicht um einen neuen Tisch auf der Bühne, eine andere Musik oder Ähnliches. Nein, diese Lust, diese immense Energie, die wir im vergangenen Jahr als Jedermann-Team zu transportieren vermochten, hätte alle mitgerissen.
Wären Sie 2021 wieder auf dem Domplatz mit dabei?
Ich bin ja der längstdienende "Tod", heuer hätte ich meine 100. Vorstellung gefeiert. Diesen Meilenstein will ich unbedingt mitnehmen. Ob heuer oder im kommenden Jahr ist zweitrangig. Ob ich darüber hinaus noch weitermache, weiß ich ehrlich nicht. Vielleicht kommt ja ein neuer Regisseur daher, der sagt: "Ach Gott, den Lohmeyer kann ich nun wirklich nicht brauchen." Ich bin den Salzburgern aber noch was schuldig. Denn einmal meinte ein Salzburger zu mir, falls er sterben müsse, solle ich ihn als Tod doch bitte holen. Das war das beste Kompliment.