Neue Kreisky-CD: ADHS, Außerirdische und Marcel Hirscher
Das Rock-Quartett zeigt sich auf seinem heute erscheinenden sechsten Album "Atlantis" so sperrig, bissig und grandios wie eh und je.
Aus irgendeinem unerfindlichen Grund hatten Kreisky nie den Erfolg, den Bilderbuch oder Wanda genießen. Die Mannen um das begnadete Zornbinkerl Franz Adrian Wenzel, der auch als Austrofred sein Unwesen treibt, waren dafür stets zu sperrig, zu unangepasst, zu grantig. Das sechste Album des Rock-Quartetts aus Wien und Steyr, "Atlantis", kreist um Wut, um Einsamkeit, um das Durchhalten und das Sich-Trauen. Eine Corona-Platte ist es trotzdem keine geworden, die Songs waren bereits vor Ausbruch der Pandemie fertig.
Und es sind großteils sehr feine Songs geworden, die Kreisky für "Atlantis" eingespielt haben. Acht Lieder, die keine sich sofort erschließenden Geschichten erzählen, sondern versuchen, Emotionen und Stimmungen zu skizzieren. Eines davon ist die Single "ADHS", ein zackig-eingängiges Stück über Menschen, die grandios aneinander vorbei streiten. Seine Mitmenschen kann man sich leider nicht aussuchen – und diese einen selbst aber auch nicht. Ebenso lässig kommen "Lonely Planet" und "Kilometerweit Weizen" daher. Ersteres ist ein wüster, psychedelisch angehauchter Song über die Untiefen und endlosen Freiheiten eines Interrail-Trips. Inklusive riesiger Kakerlaken, fehlenden Deos und einer grindigen "Jugendherberge, in der sich die Klimaanlage nicht regeln lässt".
Weizenfelder und Aliens
Die mit kitschigen Synthesizern unterlegte Hymne "Kilometerweit Weizen" wiederum könnte trotz der geteilten Getreide-Affinität nicht weiter von "Ein Bett im Kornfeld"-Romantik entfernt sein. Vielmehr dreht sich der Text um Außerirdische und ihre Ablehnung durch uns Menschen. Das Fremde, das mögen wir nicht, egal ob aus dem Ausland oder dem All. Der Lieblingssport der Österreicher wird im bissigen "Abfahrt Slalom Super-G" zum Synonym für die Sinnlosigkeit des Daseins. Auf zwei Bretteln den Berg runtersausen, das ist nichts für Herrn Wenzel: "Marcel Hirscher, denke ich / Mit so wem will ich auch nicht tauschen."
Dafür, dass der Titelsong ebenso wie "Ein Fall fürs Jugendamt" und der Krautrock-Stampfer "Meine Zunge ist leer" nicht ganz so zwingend sind, entschädigt der grandiose Finalsong "Wenn einer sagt" vielfach. Hier hauen sich lärmende Gitarren und eine Kirchenorgel auf ein Packl, während Wenzel über den Glauben an sich selbst – und jene an die eigene Kunst – singt. Ohne Zynismus. Ohne doppelten Boden. "Wenn einer sagt: Was du da machst ist der letzte Dreck / Sag: Es ist mein Dreck", heißt es darin. Dreck produzieren Kreisky sicherlich keinen, ihr ganz eigenes Ding aber sehr wohl. Und das ist gut so.
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