Kopfhörer #79: Gut gebrüllt, Löven!

„Cruisen ohne Bling Bling“ heißt der Song mit dieser klaren Botschaft, der am Beginn des Albums „Hunger“ (monkey) steht und augenblicklich Lust auf mehr macht. Das kommt dann gleich darauf mit dem mitreißenden „Immer mehr immer mehr“, das mit leichter Seeed-Attitüde die Gehörgänge in Beschlag nimmt, auf das man noch Stunden nach dem Hören den Refrain singt bzw. summt. 

Einen solchen Moment löst auch noch „(In nomine) Tina“ aus, die lässig in Erscheinung tritt und sich im noch viel lässigeren Sound ins Gedächtnis brennt. Hitpotenzial nennt man das wohl.

Aber Löven sind nicht auf Hits aus, sie schreiben einfach unverschämt coole Songs, die über den Moment hinaus wirken und bleiben. „Wenns das hier nicht ist“ am Ende beschließt mit hymnenhaftem Refrain ein Album, das in vielerlei Hinsicht bemerkenswert ist. Und auch wenn nicht alles zündet, so ist das Gesamtkunstwerk erkennbar. Feinster Pop-Hip-Hop-Elektro-Sound – und geile Texte.

Soul aus der Steiermark

„Oblivious“. Die ersten Takte klingen, als wäre man in irgendeiner Bar im soulig-bluesigen Süden der USA. Und dann kommt da eine Frauenstimme daher. Rau, aber irgendwie auch sanft, jedenfalls kraftvoll, ausdrucksstark, gereift von einem Leben, das sie vieles sehen hat lassen. 

Doch dann kommt die zweite Überraschung. Zelda Weber ist keine neue stimmliche Naturerscheinung aus der weit entfernten Welt, sondern eine von uns, also aus Österreich, konkreter aus Burgau in der Steiermark. Und Zelda Weber ist jung, studiert in Wien und beeindruckt mit „Oblivious“ (monkey), weil sich in grandioser Art und Weise aus der musikalischen Geschichte bedient, keine Angst davor hat, in die „old school“-Schublade gesteckt zu werden, weil sie weiß, was sie kann. Sie ist ein gesangliches Ereignis. Man braucht kein Prophet zu sein: Von Zelda Weber wird man noch viel hören.

Brennt. Wenn musikalische Menschen ihre Band so nennen, dann wollen sie damit vorab gleich einmal ihr stilistisches Feld abstecken. Wer so denkt wird auf „Perfeckt“ (recordjet), dem aktuellen Album der bayerischen Formation, voll und ganz in seiner Meinung bestätigt. Viel E-Gitarre, viel wuchtiges Schlagzeug, dazu Texte über unechte Wege, die Begrifflichkeit des Legendären im Zusammenhang mit Menschen aus Fleisch und Blut und die Magie der Geisterstunde. 

Das zündet alles nur bedingt, weil der German Grunge, wie Brennt ihre Musik charakterisiert haben wollen, über weite Strecken eine gewisse Vorhersehbarkeit nicht abstreifen kann. Und ganz ehrlich: Auch wenn Punk und Rock dem Grunge gut stehen, ist eine Prise Pop kein Schaden. Das vergleichsweise sehr smarte „Die Tore auf“ brennt sich am stärksten im Gedächtnis ein.

Ihren ganz eigenen Kopf haben seit jeher auch Billy Talent. Auch wenn die College Rocker längst ihre jungen Jahre hinter sich gelassen haben, mögen sie es immer noch kraftvoll und wild, wenngleich es doch auffällt, dass nicht mehr permanent der Vollgas-Hahn gedreht wird. „Crisis Of Faith“ (Warner) kommt auch mit weniger Tempo aus, wobei die besten Momente immer noch die sind, wo Billy Talent klingen wie einst  („Judged“, „One Less Problem“). Und zusammen mit Rivers Cuomo haben die Rocker auch einen Song mit Hitpotenzial für die Popcharts („End Of Me“).