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Deep Purple: „Wir waren nie modern“

Von Lukas Luger   10.Mai 2013

Flapsige Albumtitel, fehlende Erinnerungen und die Unfähigkeit von Deep Purple, passende Singles auszusuchen – im großen „was ist los?“-Interview nimmt Roger Glover (67) kein Blatt vor den Mund.

In den vergangenen Jahren gab es wiederholt Spekulationen, ob es überhaupt ein weiteres Deep-Purple-Album geben würde. Jetzt steht „Now What“ an der Spitze der Charts. Wie kommt’s?
Roger Glover:
Innerhalb der Band wurde in der Tat viel diskutiert, ob wir überhaupt noch ein Album machen sollen. Denn Alben sind heute nicht mehr im Trend. Scheißegal, wir waren nie besonders modern (lacht). Also haben wir halt noch ein Album gemacht – auch wenn’s furchtbar altmodisch ist. Für mich sind Alben wichtig. Sie sind ein Statement einer Band zu einem bestimmten Zeitpunkt ihrer Karriere. Vor drei, vier Jahren haben wir dann die ersten Songs für „Now What“ geschrieben.

Neben modernen Produktionselementen birgt „Now What“ auch zahlreiche Referenzen an den legendären Purple-Sound der frühen 70er. Ein schwieriger Balanceakt?
Wir denken nie an die Vergangenheit. Beziehungsweise nur insofern, als wir versuchen, uns niemals zu wiederholen. Man wird als Band nämlich sehr schnell zu einer Parodie seiner selbst. Speziell wenn man so eine lange Karriere und viele Hits hinter sich hat wie Deep Purple. Wir wollten etwas Frisches machen. Aber Sie haben recht: Die neuen Lieder klingen nach den frühen 70ern. Das liegt an der Art und Weise, wie die Nummern geschrieben und aufgenommen worden sind.

Und die wäre…?
Live im Studio. Ohne Herumspielereien am Computer. Ohne Tricks. Ohne viel Nachdenken. Die Musik verliert ihre Seele, wenn man zu viel herumdoktert. Unser voriges Album „Rapture Of The Deep“ hatte einige sehr nette Songs, aber der Sound war nicht besonders. Dieses Mal sollte es voller und härter klingen – das ist gelungen!

Sie haben das Album in Nashville eingespielt. Hatten die Aufnahmen in der US-Country-Hochburg Auswirkungen auf den Sound?
Gute Frage, die ich aber nur schwer beantworten kann. Wir haben in Nashville aufgenommen, weil unser Produzent Bob Ezrin dort lebt. Es ist eine der wenigen Städte der Welt, in der Musik quasi in der Luft liegt. Die Stadt ist voll mit Musikern, Produzenten und Tontechnikern. Man atmet dort Musik, nicht nur Country. Ein wahnsinnig inspirierender Ort, um ein Album aufzunehmen.

Ein zentraler Song des Albums hört auf den schön schrägen Namen „Weirdistan“. Was steckt dahinter?
Wir nehmen jede unserer Sessions, jeden unserer Jams auf und geben den Aufnahmen dann obskure Arbeitstitel. Wir hatten also dieses Riff, und ich fragte in die Runde, ob jemand einen Titelvorschlag hätte. Irgendwer rief „Weirdistan“. Und ich dachte nur: Was für ein bescheuerter Vorschlag! (lacht). Als Ian Gillian und ich uns dann hinsetzten, um einen Text zu schreiben, gefiel uns „Weirdistan“ dann plötzlich doch nicht mehr ganz soooo schlecht. Es geht in dem Song um die Angst, die Menschen vor fremden Kulturen verspüren. Ich geb’s zu: ein ziemlich sperriges Thema für einen Rocksong. Aber „Boy meets Girl“-Stücke zu schreiben, ist halt zu langweilig.

Warum „Hell To Pay“ als erste Single-Auskopplung?
Das hat die Plattenfirma entschieden. Wir sind unfähig darin, Singles auszusuchen. Hallo, wir wollten damals „Smoke On The Water“ nicht einmal mit aufs Album nehmen, geschweige denn als Single auskoppeln! (lacht). Seitdem halten wir besser die Klappe.

Welche Instrumente spielen Sie auf den neuen Songs?
Ich spiele seit Jahrzehnten eine „Vigier“-Gitarre. Am zweiten Tag im Studio brachte Produzent Bob Ezrin aber einen uralten „Fender Precision“-Bass mit. Ich wollte sofort die Saiten austauschen, als Bob einen Schrei ausstieß: „Hände weg! Das ist ein legendäres Instrument. Das Ding ist auf Pink Floyds ,The Wall’ zu hören, Peter Gabriel und Alice Cooper haben auch darauf schon gespielt“. Also blieben die Saiten oben. Es hat sich ausgezahlt. Ein wunderbares Instrument.

Welche Bewandtnis hat es mit dem Albumtitel „Now What“ auf sich?
Das war Ians Idee. Ich fand den Titel etwas flapsig. Aber uns ist halt nichts Besseres eingefallen.

Purples 2003er-Album hieß „Bananas“. Da ist „Now What“ auf jeden Fall ein Fortschritt…
(lacht). Da lässt sich leider nur schwer etwas dagegen sagen.

Am 17. Juli spielen Deep Purple auf Burg Clam, wo Sie bereits einige Male aufgetreten sind. Gibt’s spezielle Erinnerungen an diese Auftritte?
Sie fragen einen Rockstar nach Erinnerungen? (lacht). Sorry, keine Ahnung. Ich bin froh, wenn ich weiß, in welchem Land ich gerade bin.

Band: Von der ‘68er-Urbesetzung Jon Lord, Ian Paice, Rod Evans, Ritchie Blackmore und Nick Simper ist heute nur noch Drummer Paice mit dabei. Das restliche Line-up 2013: Ian Gillan (Gesang), Roger Glover (Bass), Steve Morse (Gitarre) und Don Airey (Keyboard).

Erfolge: Mit 100 Millionen verkauften Alben weltweit zählen Deep Purple zu den erfolgreichsten Rockbands aller Zeiten. Kurios: Der Überklassiker „Smoke On The Water“ erreichte gerade einmal Platz 4 der US-Charts und Platz 21 in England.

Clam: Am 17. Juli gastieren Deep Purple mit ihrem neuen Album „Now What“ beim OÖN-Konzertsommer auf Burg Clam (19 Uhr). Im Vorprogramm: Sergeant Steel. Karten gibt’s bei der OÖN-Tickethotline unter 0732 / 7805 - 805

Album: Musikalische Revolutionen darf man sich von Deep Purples „Now What“ (Edel) natürlich keine erwarten. Die Endsechziger präsentieren sich auf ihrem 19. Studioalbum aber in überraschend guter Form. Kompromisslose, gleichzeitig herrlich entspannte Rock-Songs mit Herz. Anspieltipps: „Weirdistan“, „Above and Beyond“, „Bodyline“.

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