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Wenn einer erkundet, wie Holz mundet

Von Bernhard Lichtenberger, 07. November 2020, 00:04 Uhr
Wenn einer erkundet, wie Holz mundet
Nicht nur in der Welt der Spirituosen spielt Holz eine wichtige Rolle. Bild: Reuters

Ein Wiener Lebensmittelexperte auf der Suche nach dem Aroma der Bäume.

Auf dem Holzweg zu sein bedeutet, ein Ziel nicht richtig oder ein falsches Ziel anzusteuern. Der Holzweg, den Artur Cisar-Erlach eingeschlagen hat, führt nicht in die Irre. Der Tischlergeselle, Waldökologe und Lebensmittelexperte, 1988 in Wien geboren und im Waldviertel aufgewachsen, hat an Holz einen Narren gefressen. Mit unfassbarer Obsession jagte er der Antwort auf eine ungewöhnliche Frage hinterher: Wie schmeckt Holz?

Rinden-Verkostung

Nun darf man sich den Autor nicht als einen vorstellen, der von Baum zu Baum hüpft und seine Zähne in den Rinden versenkt – aber fast so. Von Bibern inspiriert, kostet er sich bereits auf den ersten Seiten durch die Rinden verschiedener Bäume und delektiert sich am Kambium, der Schicht zwischen der äußeren Rinde und dem inneren Hartholz.

Der Feinschmecker mochte sich mit dieser holzigen Anmutung nicht begnügen. Rastlos begab er sich über den Zeitraum von drei Jahren auf eine weitreichende kulinarische Tour, um zu ergründen, wozu das Aroma der Bäume imstande ist. Er suchte eine neapolitanische Pizzeria heim, um den Einfluss des Holzofens auf den belegten Fladen herauszufinden. Aus gutem Grund steckte er seine Nase in Whisky- und Rum-Fässer, da die olfaktorischen Rezeptoren in unserem Riechorgan wesentlich für das sind, was wir Schmecken nennen.

Cisar-Erlach ließ sich von der Latschenkieferküche eines Südtiroler Kochs betören, staunte über ein kenianisches Joghurt, das von der Asche eines besonderen Baumes abhängt, und spürte im Piemont mit einem Trüffeljäger die kostbaren Knollen auf, deren Geschmack auf die Wurzeln der Bäume zurückzuführen ist, an denen sich die Pilze nähren.

Seine abenteuerliche Forschung verpackt der Wiener in einen Reisebericht, der sich den Eigenheiten und Besonderheiten der jeweiligen kulinarischen Destination widmet – bisweilen etwas aus- und abschweifend. Ab und zu passieren ihm Zeilen, die aus einem Groschenroman stammen könnten. Ein Auszug: "Ein Blick aus dem Fenster in den Himmel bestätigte die Wettervorhersagen, und die anschließende kurze Dusche belebte mein noch müdes Gehirn." Und wie man sich eine "obszön glitzernde gelbe Pappel" vorstellen soll, wollen wir hier nicht weiter vertiefen.

Über diese kleinen Schwächen darf man hinwegsehen, weil der leidenschaftliche Genussmensch auch kulturgeschichtliches Wissen verbreitet, an spannenden Experimenten teilhaben lässt und die Augen für die Herstellung von Produkten öffnet, über die man sich selbst viel zu wenig Gedanken macht. Ein Beispiel liefert das Kapitel "Schwarzes Gold aus Modena", in dem Artur Cisar-Erlach beschreibt, welcher Aufwand nötig ist, um ebenso köstlichen wie teuren Balsamessig zu erzeugen. Und schließlich ertappt sich der Leser, dass sich im Laufe der Lektüre eine schöne To-do-Liste ergeben hat, auf der sich zu Verkostendes und zu Besuchendes findet.

Artur Cisar-Erlach: "Der Geschmack von Holz", Malik, 336 Seiten, 22,70 Euro

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Autor
Bernhard Lichtenberger
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