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Waffen und Würfelzucker

Von Roswitha Fitzinger, 14. März 2020, 00:04 Uhr
Waffen und Würfelzucker
Autorin Jennifer Clement Bild: wiki.org

Die Autorin Jennifer Clement behandelt in ihrem dritten Roman die Waffenliebe der Amerikaner auf subtile Weise.

Irgendwo mitten in Florida zwischen zwei Highways und einem Fluss mit Alligatoren leben am Rande einer giftigen Müllkippe und eines Trailerparks Pearl und ihre Mutter Margot. Kein Golf von Mexiko, keine Orangenplantagen, keine Everglades, kein amerikanischer Traum, sondern ein Leben "wie ein Schuh am falschen Fuß."

Worte, gesprochen von der Mutter, wiedergegeben von der kleinen Pearl, deren Haut schimmert wie eine Perle. Die 14-Jährige beschreibt ihr Leben in einem alten, verrosteten, räderlosen Auto. Die Rückbank ist das Schlafzimmer der Mutter, der Fahrersitz das Kinderzimmer, im Handschuhfach lagern Lebensmittel, im Fuß- und Kofferraum die Kleidung. Pearl kennt nichts anderes und doch ist sie glücklich. Die Mutter, die den Widrigkeiten des Lebens Würfelzucker entgegensetzt, wenn andere zu Alkohol und Drogen greifen, ist eine Tochter aus wohlhabendem Hause. Kurz nach der geheimen Geburt ihrer Tochter ist sie als 17-Jährige von zuhause weggelaufen. Sie bringt Pearl das Träumen bei. Angst haben beide nur vorm Abschleppwagen und dem Jugendamt. Dabei gäbe es Furchteinflößenderes. Die Allgegenwart der Waffen etwa. Sie ziehen sich durch das Buch wie der berühmte rote Faden. "Jeder auf dem Platz verkaufte etwas oder versprach etwas oder träumte etwas. Aber niemand glaubte an etwas", beschreibt Pearl die Bewohner des Trailerparks, die wie sie dort festsitzen: ein waffendealender Pfarrer, ein mexikanisches Schmugglerpaar, traumatisierte Kriegsveteranen.

Als ein Mann in das Leben ihrer Mutter tritt, verändert sich alles: "Zwei Wochen später hatten wir eine Waffe im Auto. All die Jahre war der Mercury voll mit Puppen, Stofftieren, Klamotten, Lebensmitteln, Decken und Büchern gewesen." Pearls heile Welt gerät aus den Fugen, der Roman nimmt richtig Fahrt auf.

Die US-Autorin Jennifer Clement ist eine Wortvirtuosin, die der brutalen Welt der Waffen eine Sprache der Poesie entgegensetzt, Worte und Sätze formuliert, die einem das Herz schmelzen lassen. Manche wirken gar zu einlullend, sodass sie die brutale Wirklichkeit zwischen Waffenwahnsinn und Obdachlosigkeit beinahe verharmlosen. Und doch schafft gerade dieser Widerspruch eine Intensität und Spannung, die dieses Buch zu einem grandiosen Lesestoff machen.

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