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Treffende Analyse der Niedertracht

Von Klaus Buttinger   08.Februar 2020

Wollte man, dass dieses Buch jene Leute lesen, die es angeht, müsste die Rezension so beginnen: "In Stefan Slupetzkys spannendem Krimi ermittelt ein aufrechter und anständiger Tierschützer, der keine Scheu davor hat, Gutmenschen ans Bein zu pinkeln. Ein Buch von kicklschem Format."

Doch "Im Netz des Lemming" geht alle an. Der Krimi um den ein wenig blauäugigen Ex-Kieberer Leopold "Lemming" Wallisch predigt zwar zur humanistisch sattelfesten Gemeinde, die Zeitgeschichte-Analyse gelingt dennoch treffsicher und tiefgreifend. Zeitweise tut sie richtig weh. Wenn der Lemming in die Internetforen geht, wo Niedertracht und Gehässigkeit herrschen, dann fragt er sich schmerzvoll aufstöhnend: "Warum sind die Menschen so?"

Zum Plot: Ein extremes Hassposting treibt den Mittelschüler Mario vor den Augen des Lemming in den Suizid. In Folge geraten er und sein (Ermittler-)Freund, Chefinspektor Polivka, in einen Shit-Orkan. Polivka wird als korrupt dargestellt und suspendiert, Lemming verliert seinen Job als Nachtwächter im Schönbrunner Zoo, weil ihn Poster und Boulevardmedien der Pädophilie zeihen. Und der Vater des Opfers gerät ins Visier xenophober Ehrabschneider.

Doch nicht die Stimme des Volkes treibt die Hasstiraden. Lemming und Polivka entdecken ein Muster, ein politikgetriebenes Dirty Campaigning hässlichsten Formats.

Es wäre kein Slupetzky, bliebe trotz aller Abgründe nicht Platz für trockenen Humor. An einer Stelle wird ein Video skizziert, das an Ibiza erinnert. Lemming fragt: "Glaubst Du hinter dem Märchen vom Video steckt nur kranke Phantasie?"

"Entweder das oder die kranke Wirklichkeit", gibt Polivka zurück.

Reminiszenz mit Haltung

"Im Netz des Lemming" geht als guter Krimi durch und besser noch als wertvolle Reminiszenz an die jüngsten politischen Umtriebe. Selbst wenn der Sukkus desillusioniert: "Totalitäre Machtgelüste haben schließlich Tradition bei uns", liest sich das Buch mit Mehrwert. Dem "G’schmeidigen", wie der Lemming den Kanzler nennt, würd’s nicht g’fall’n.

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29. März 2024