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Nähere Bekanntschaften mit einem fremden Vater

01. Februar 2021, 00:04 Uhr
Monika Helfer
Monika Helfer Bild: Ohlbaum

Monika Helfer ist eine Meisterin des (auto-)biografischen Schreibens, mit "Vati" beweist sie es aufs Neue.

Einer Gesellschaft, in der darüber gestritten wird, an welchen Kriterien man Armut festmachen kann, ist die Vorstellung absoluter Armut abhandengekommen. Monika Helfers Vater Josef stammt aus solchen Verhältnissen. Als Sohn einer ledigen Magd wird er geboren, auf dem Hof des leiblichen Vaters wächst er in den Zwanzigerjahren auf, geduldet, aber unerwünscht. In der Schule fällt der Bub durch überdurchschnittliche Leistungen auf. Bücher faszinieren ihn. Ein Baumeister fördert den Hochbegabten, ein Priester verhilft ihm zu einem Internatsplatz. Josef kann das Gymnasium besuchen, aber kurz vor der Matura wird er zum Kriegsdienst eingezogen. Als 25-Jähriger verliert Josef einen Unterschenkel. Dafür gewinnt er einen Lebensmenschen. Er heiratet die Krankenschwester, die sich um ihn kümmert.

Das Buch ist in Helfers neuem Roman "Vati" ein Leitmotiv. "Bibliothek" war für ihren Vater ein magisches Wort. Es sollte ihn sein Leben lang begleiten, als Glücksmetapher, aber auch als Obsession und Verhängnis. Nach Kriegsende wird Josef Verwalter im Kriegsopfer-Erholungsheim auf der Tschengla, dem ein deutscher Gelehrter seine Bibliothek vererbt hat. Die Versuchung, die unbenützte Heimbibliothek heimlich zur eigenen zu machen, ist stark.

Wer vom eigenen Vater erzählt, kann vom Familienleben nicht schweigen, von Geschwistern, Onkeln und Tanten und natürlich von der Mutter, die in der Erinnerung der Tochter eine Randfigur bleibt. Die traditionelle Frauenrolle besetzt die resolute Tante Irma. Als die Mutter an Krebs stirbt, ist die jüngste Tochter zwei Jahre alt. Die Familie zerfällt, der überforderte Vater bleibt über Jahre seltsam absent, die Geschwister werden in der Verwandtschaft aufgeteilt. Das soziale Klima ist rau.

Auf dem Buchumschlag steht "Roman", aber Helfer schreibt eng an der Wirklichkeit entlang. Die Autorin kennt die Graubereiche zwischen Fakten und Fiktion gut, und spricht sie explizit an: "Was heißt schon hundertprozentig bei einer Erinnerung?" Helfer beherrscht die tückische Kunst des (auto-)biografischen Schreibens wie nur wenige. Sie verheimlicht nicht ihre eigene Betroffenheit, spricht Ärger und Ekel offen an, aber findet dafür eine behutsame Sprache, die dem Mitmenschen auch dann seine Würde lässt, wenn er in seiner Misere erkennbar wird. (schach)

Nähere Bekanntschaften mit einem fremden Vater
Bild: Verlag

Monika Helfer: "Vati", Roman, Hanser, 170 Seiten, 20,60 Euro

OÖN Bewertung:

 

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1  Kommentar
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freiheitistmoeglich (1.185 Kommentare)
am 07.02.2021 17:32

Das Fiktive überwiegt. Sie hat nicht gründlich recherchiert und den Herkunftsort des Vaters nie besucht. So ist es ein Roman. Ein großartiger, über Armut und Reichtum.

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