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Mord, Ehekrach und Nazi-Propaganda: Gereon Rath hat den Olympia-Blues

Von Lukas Luger, 07. November 2020, 00:04 Uhr
Mord, Ehekrach und Nazi-Propaganda: Gereon Rath hat den Olympia-Blues
Volker Bruch steht ab kommendem Frühjahr wieder als Gereon Rath für die vierte "Babylon Berlin"-Staffel vor der Kamera. Bild: ARD

"Babylon Berlin": Im achten Roman der Krimireihe geschieht ein Mord im olympischen Dorf.

Wie kein anderes Ereignis sind die Olympischen Sommerspiele 1936 in Berlin Ausdruck der fatalen Verzahnung von Sport und Propaganda. Für Oberkommissar Gereon Rath, Hauptfigur der historischen Krimiserie von Volker Kutscher, sind sie aber vor allem eines: lästig. In "Olympia", dem achten Roman der als Vorlage für den TV-Hit "Babylon Berlin" dienenden Reihe, hat Rath den Sommerspiele-Blues.

Nicht nur ist Ehefrau Charly ang’fressen ausgezogen, weil Gereon vergessen hat zu erwähnen, dass eine amerikanische Familie als Olympia-Touristen in die gemeinsame Wohnung einzieht. Auch soll der vom Selbstdarstellungswahn der Machthaber genervte Rath in verdeckter Mission den Tod eines US-Funktionärs im olympischen Dorf aufklären. Die Nazis befürchten, dass Kommunisten die Spiele, die Deutschlands Image aufpolieren sollen, sabotieren. Dass ausgerechnet Raths ehemaliger Ziehsohn Fritze als Mitglied des olympischen "Jugendehrendienstes" wichtiger Augenzeuge ist und so in den Fall hineingezogen wird, trägt nicht zur Vereinfachung der Situation bei.

Mord, Ehekrach und Nazi-Propaganda: Gereon Rath hat den Olympia-Blues
Volker Kutscher Bild: Chudowski

Auch wenn sich Deutschland während der Spiele betont friedliebend und weltoffen gibt und Schilder, die Juden das Betreten von Gebäuden untersagen, ebenso verboten sind wie der Verkauf des Hetzblattes "Der Stürmer", so ist doch alles nur Anstrich! Während im Stadion die Propagandaschlacht tobt, wird nur wenige Kilometer von der Hauptstadt entfernt das KZ Sachsenhausen gebaut. Vor diesem Hintergrund entwickelt der studierte Historiker Volker Kutscher mit Verve einen vielschichtigen Plot, der Politisches und Privates sowie den aktuellen Fall mit dem Schicksal alter Bekannter aus früheren Büchern verwebt. Zusammengehalten wird das Ganze von der Figur Gereon Rath. Dieser folgt wie gewohnt seinem eigenen moralischen Kodex, ist im Vergleich zur Serien-Adaption kantiger, lässiger und desillusionierter.

Schlachtfeld statt Metropole

Kutschers literarisches Berlin war nie die glitzerbunte Metropole von "Babylon Berlin", sondern stets ein Schlachtfeld, auf dem Kriminelle, Politiker und Polizisten kaum unterscheidbar sind. Recht und Gesetz sind Worte, die zwar gerne im Munde geführt werden, in der Realität aber nichts zählen. Kutschers große Stärke, die ihn von anderen Verfassern historischer Krimis abhebt, ist, dass er keine Nazi-Krimis schreibt, sondern Romane, die in der NS-Zeit spielen. Auch in "Olympia" geht es nicht um Hitler und Hakenkreuze, die zentralen Themen sind Verführbarkeit, die Ignoranz und Gleichgültigkeit der Vielen. Geschickt gelingt es dem 57-Jährigen, die fatalen politischen Entwicklungen jener Zeit als subtile Veränderungen ins tägliche Leben seiner Protagonisten zu integrieren. Seine Figuren sind weder Helden noch Hellseher, die die bevorstehenden Tragödien kommen sehen. Sie sind Menschen mit Ängsten und Fehlern. Selbst Rath ist mehr renitenter Durchwurschtler als cooler Sam Spade aus Berlin.

Am Ende von "Olympia" ist’s mit dem Wurschteln endgültig vorbei. In einem perfiden Unrechtsstaat gibt es eben keinen Raum für Zwischentöne. Gereon Rath ist gezwungen, eine schier unmögliche Entscheidung zu treffen. Eine, die viele Leser fassungslos zurücklassen wird. Großartig.

Volker Kutscher "Olympia. Der achte Rath-Roman", Piper Verlag, 544 Seiten, 24,70 Euro

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Autor
Lukas Luger
Redakteur Kultur
Lukas Luger
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