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Junger Mann, ältere Frau: Ein Skandal im Village

Von Christian Schacherreiter, 08. Juni 2019, 00:04 Uhr
Junger Mann, ältere Frau: Ein Skandal im Village
Julian Barnes, großer Erzähler Bild: EPA

Der englische Star-Autor Julian Barnes legt mit "Die einzige Geschichte" einen fantastischen neuen Roman vor.

Dass Julian Barnes zu den ganz Großen der europäischen Literatur gehört, ist keine Neuigkeit. Daher kann man routinemäßig festhalten, dass er mit seinem jüngsten Roman "Die einzige Geschichte" (The Only Story), der jetzt in deutscher Übersetzung (Gertraude Krueger) erschienen ist, ein weiteres Mal seine Klasse unter Beweis stellt. Ort des Ereignisses, das Goethe ein "unerhörtes" nennen würde, ist ein englisches Village, in dem das konservative Kleinbürgertum sein englisches Mittelstandsleben führt.

Der jugendliche Held heißt Paul, er befindet sich im ersten Studienjahr und ist, dem Trend seines Milieus folgend, Mitglied eines Tennisclubs. Dort lernt er Susan kennen, eine verheiratete Frau mit zwei erwachsenen Töchtern. Laut Klappentext ist Susan 20 Jahre älter als Paul. Das stimmt aber nicht. Er ist 19, sie 49!

Trotz des großen Altersunterschieds entsteht zwischen Paul und Susan bald eine tiefe Liebesbeziehung, die sie nur anfangs tarnen. Nach geraumer Weile zerreißt sich schon das ganze Village über die beiden den Mund, und man meint, dass auch der betroffene Ehemann mitbekommen müsste, dass der junge Mann, der als eine Art Freund der Familie bei ihm ein und aus geht, der Liebhaber seiner Frau ist. Die Ehe der Mcleods ist nur vordergründig intakt.

In getrennte Schlafzimmer

Seit Jahren ziehen sie sich voreinander in getrennte Schlafzimmer zurück, der alltägliche Umgang klirrt vor sarkastischer Aversion, und bald bemerkt Paul, dass Gordon Mcleod nicht nur Alkoholiker ist, sondern regelmäßig seine Frau verprügelt. Letztlich ist es Pauls leidenschaftliche Liebe, die Susan die Kraft gibt, sich von ihrem Mann zu trennen und mit Paul zusammenzuziehen. Ende gut, alles gut? O nein, das Drama beginnt jetzt erst so richtig, und zwar nicht deshalb, weil die Liebe des allzu jungen Mannes erlischt, sondern weil Susan zu trinken beginnt.

Mit beklemmendem Realismus erzählt Julian Barnes von den Phasen einer Beziehung, die durch den Alkoholmissbrauch eines Partners extremen Belastungen ausgesetzt wird. Der Erzähler, den Barnes zwischen Ich-, Du- und Er-Form wechseln lässt, reflektiert das Erzählte aus zeitlicher Distanz. Susan ist längst tot, Paul ein alter Mann. Denkt er an diese Liebesbeziehung zurück, dann wird ihm klar: Das war nicht nur eine Episode, das war wahrscheinlich Pauls "einzige Geschichte".

Julian Barnes: "Die einzige Geschichte", Roman, Kiepenheuer & Witsch, 302 Seiten, 22,70 Euro

OÖN Bewertung:

 

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Autor
Christian Schacherreiter
Christian Schacherrreiter
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