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Eine Literaturinstitution "glutvollen Lebens"

Von Christian Schacherreiter   23.November 2019

Für Literaturhäuser ist es nicht ganz einfach, ihre Rolle im Literaturbetrieb zu klären, sind sie doch mit unterschiedlichen, teilweise gegensätzlichen Erwartungshaltungen konfrontiert: vom Dienstleister für das Publikum bis hin zur Autoren-Lobby. Die beiden StifterHaus-Chefinnen Petra-Maria Dallinger und Regina Pintar positionieren die Institution als eigenständigen Teil des literarischen Lebens mit beispielloser Aufgabenbreite.

OÖNachrichten: Das Land Oberösterreich hat seine Mittel für Kulturförderung reduziert. Oberösterreichische Autoren beklagen daher, die einheimische Literatur habe keine Lobby. Das StifterHaus gilt als Zentrum für Literatur aus Oberösterreich. Aber wäre "Lobbyist" überhaupt die Rolle, die Sie sich wünschen?

Petra-Maria Dallinger: Wir leben Literatur, wir behaupten den Stellenwert von Literatur für das menschliche Sein. Wir sind kein Bindeglied zwischen den einen und den anderen, sondern Teil des Geschehens. Das ist für mich etwas anderes, als Lobbyismus zu betreiben.

Regina Pintar: Lobbyismus für Autorinnen und Autoren ist ein Teil der Lobby für Literatur, da gibt es sehr berechtigte Anliegen. Von unserer Aufgabenstellung her steht aber der literarische Text im Mittelpunkt, den stellen wir zur Diskussion.

Manche Autorenvereine wünschen sich selbstverwaltete Literaturhäuser, ein Konzept, das sich eher selten bewährt. Das StifterHaus ist anders strukturiert. Wie definieren Sie die Stellung der Autoren innerhalb des Hauses?

Dallinger: Natürlich sind uns Autoren sehr wichtig, sie haben viele Möglichkeiten, viel Platz im Haus: Lesungen, Veranstaltungen, die Bibliothek, in der Texte der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, das Literaturnetz, die Literaturzeitschrift Rampe, das biografische Archiv, das Literaturarchiv und so weiter.

Pintar: Mit dem Text, den wir für das Publikum so hochhalten, meinen wir auch die Schreibenden, den gesamten Literaturbetrieb.

Dallinger: Es treffen verschiedene Einflugschneisen des Literaturbetriebs aufeinander, es gibt den wissenschaftlichen Bereich, in manchen Fällen den der Produktion, sehr viel in der Vermittlung.

Pintar: Die Autorinnen und Autoren sind über ihre Werke präsent, manche geraten regelrecht in einen Kreislauf.

Wie kann man sich das konkret vorstellen? Ein Autor durchläuft den Kreislauf des StifterHauses. Was widerfährt ihm da? Können Sie das an einem Beispiel konkretisieren?

Pintar: Walter Kohl zum Beispiel, der hat alles durchlaufen, was der Kreislauf dieses Hauses zu bieten hat. Er hat begonnen mit Lesungen der Grazer Autorenversammlung, dann hat er regelmäßig seine Bücher bei uns präsentiert, die haben wir in die Bibliothek aufgenommen, die Rezensionen ins biografische Archiv …

Dallinger: Parallel dazu hat er immer wieder in der Rampe veröffentlicht. Er hat den Landeskulturpreis erhalten und bekommt jetzt eine Porträt-Rampe, er hat seinen Vorlass angeboten, wir konnten ihn erwerben – was bedeutet, dass er auch beforscht werden kann. Dadurch besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass er wieder in eine Ausstellung kommt. Und vielleicht kommt er einmal ins Literaturmuseum, hoffentlich erst sehr spät, da sind nur die toten Dichter …

Pintar: Durch unsere Struktur verbleiben die Autorinnen und Autoren in einem Kreislauf …

Dallinger: ...unentrinnbar (lacht).

Pintar: … der sie ständig in der Wahrnehmung halten will und halten kann. Ein Rundumangebot! Und das ist das Besondere an unserem Haus, diese enge Verzahnung von Vermittlung, Wissenschaft, Sammlung. Hier ist alles, was man sich wünschen kann, sogar die Sprachforschung.

Sie sind heute ziemlich breit aufgestellt. War das immer schon die Intention für das Haus?

Dallinger: 1950, in der Gründungsrede von Landeshauptmann Gleißner, war alles schon angelegt, aber gehabt hat man es noch nicht. In den 70er-Jahren formulierte der damalige Leiter Alois Großschopf: "Das Dichter-Archiv muss eine Institution glutvollen Lebens werden", er betonte, dass Archiv und zeitgenössisches Schreiben eine enge Verbindung haben sollten.

Pintar: Das Stifter-Institut ist Einrichtung für Einrichtung gewachsen. Wir haben als Institut alles sozusagen "en miniature", aber hochprofessionell.

Dallinger: Das für uns Besondere ist genau diese Verbindung, die vielen Teile, die ein Ganzes – und damit mehr als die Summe an Einzelteilen – ergeben. In Österreich gibt es keine andere Institution, die – eingebettet in die Direktion Kultur des Landes – so positioniert ist wie wir.

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