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Das wunderbare und wunderliche Leben der Menschen in Maine

Von Christian Schacherreiter   18.April 2020

Die US-Amerikanerin Elizabeth Strout ist Erfolg gewöhnt. 2009 erhielt sie für "Mit Blick aufs Meer" den Pulitzerpreis, vor zwei Jahren für "Die Unvollkommenheit der Liebe" den Story Prize. Ihr neuer Roman "Die langen Abende" erscheint gleich in 17 Sprachen. Und eines gleich vorweg: Elizabeth Strout wird ihre zahlreichen Leser auch diesmal nicht enttäuschen. Wie der amerikanische Originaltitel "Olive, again" schon andeutet, heißt die Hauptfigur Olive Kitteridge. Beim Einsetzen der Romanhandlung ist sie 73 Jahre alt, eine ehemalige Highschool-Lehrerin in Maine, die ihren pädagogischen Habitus in die Pension mitgenommen hat.

Olive ist Witwe, ihr einziger Sohn Christopher lebt mit seiner Patchworkfamilie in New York, die Mutter-Sohn-Beziehung ist distanziert, und so scheint es, als lande Olive eher früher als später in der Vereinsamung. So ist es aber nicht, denn Olive begegnet Jack Kennisson, einem ehemaligen Harvard-Professor für Geschichte mit dem Forschungsschwerpunkt österreichische Donaumonarchie.

Unrühmlicher Abschied

Jack ist auch Witwer, seine letzten Ehe- und Berufsjahre waren unheilvoll geprägt von Jacks Affäre mit einer jüngeren Kollegin. Als Elaine beruflich nicht auf der Karrierestufe landete, die sie sich erhofft hatte, zeigte sie Jack wegen sexueller Belästigung an. Sein Abschied von Harvard war unrühmlich – und dann starb auch noch seine Frau. Obwohl Jack und Olive recht unterschiedliche Persönlichkeiten sind, finden sie zueinander, genießen einige schöne Jahre, aber als Jack mit 83 stirbt, droht auch für Olive die Welt endgültig zu zerfallen.

"Die langen Abende" ist nicht nur ein sensibler Ehe-, sondern auch ein überzeugender Gesellschaftsroman. In ihrem fiktiven Handlungsraum, dem Städtchen Crosby, legt Elizabeth Strout ein großes Netz der familiären, freundschaftlichen und nachbarschaftlichen Beziehungen aus, das wohl repräsentativ ist für das Leben der Menschen im Bundesstaat Maine mit seinen Besonderheiten der Mentalität, der Geschichte und Politik. Zu den unerbittlichen Fragen nach Alter, Krankheit und Tod, die den Roman leitmotivartig durchziehen, setzt die Autorin auch immer wieder heitere Kontraste, die Rückschlüsse auf die Lebensklugheit, den Humor und die humanistische Haltung der Autorin zulassen.

Elizabeth Strout: "Die langen Abende", Roman, Luchterhand, 350 Seiten, 20,60 Euro

OÖN Bewertung:

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20. April 2024