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Befreiung aus provinzieller Enge

Von Christian Schacherreiter, 18. Jänner 2021, 00:04 Uhr
Gabriele Kögl
Gabriele Kögl Bild: Feuersänger

"Gipskind": Gabriele Kögl schreibt über das Aufwachsen in einem steirischen Dorf.

Kindheit und Jugend in der Provinz der Fünfziger- und Sechzigerjahre – Seltenheitswert hat dieses Sujet in der österreichischen Literatur nicht. Von Elfriede Jelinek bis Josef Winkler reicht die Autorenliste für heimatkritische Bücher, in die sich jetzt auch Gabriele Kögl mit "Gipskind" eingeschrieben hat.

Der Titel verweist auf ein traumatisches Kindheitserlebnis der Hauptfigur. Wegen einer nicht erkannten Luxation wird dem Mädchen ein längerer Krankenhausaufenthalt ohne Bezugspersonen zugemutet und es muss eine Gipshose tragen. Die Hauptfigur Andrea wächst, so wie die Autorin selbst, in einem weststeirischen Dorf auf. Andreas Umfeld agiert, sieht man von der warmherzigen Großmutter ab, im charakterlichen Planquadrat von Dummheit, Bosheit, Gewalt und Sprachverrohung. Der Umgang mit Sexualität ist teils zotig, teils verklemmt, teils brutal. Nun sollen die sozialen Defizite des bäuerlichen Lebens in den Nachkriegsjahrzehnten keineswegs beschönigt werden. Dennoch ist Kögls Figurenzeichnung bisweilen von holzschnittartiger Finsternis. Aber Andrea, immer "die Kleine" genannt, leistet großen Widerstand. Sie gehört schon zur Pippi-Langstrumpf-Generation, die durch Dr. Sommer ("Bravo") aufgeklärt wird und Konstantin Weckers pathetische Befreit-euch-Appelle aufsaugt.

"Gipskind" ist ein Adoleszenzroman, in dem weibliche Sozialisation an den üblichen Erfahrungselementen veranschaulicht wird: das Elternhaus, der erste Kuss und die Enttäuschung darüber, dass er nicht direkt in den Liebeshimmel führt, unreife Mitschüler, seltsame Lehrer, dann die erste dauerhafte Liebesbeziehung. Im Fall von Andrea heißt sie Arthur, Sohn einer Akademikerfamilie. Gut gelingt Gabriele Kögl die soziale Kontrastierung Stadtbürgertum - bäuerliches Leben. Etwas ermüdend wirkt der Detailrealismus: Die Mutter "begann bereits um neun Uhr damit, die Suppe aufzustellen (…). Dann ging sie in den Garten, um Gemüse und Salat zu holen, und putzte eine Stunde daran herum. Dann ging die eigentliche Kocherei los…" Ja, mag sein, aber so genau müssen wir das und manches andere gar nicht wissen, es wirkt bisweilen auch stilistisch ungeschickt.

Befreiung aus provinzieller Enge
Gabriele Kögl

Gabriele Kögl: "Gipskind", Roman, Picus Verlag, 335 Seiten, 25 Euro

OÖN Bewertung:

 

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Autor
Christian Schacherreiter
Christian Schacherrreiter
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