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„Mit dir ohne dich“: Sex and Krimi

26.Mai 2010

Ein Jungautor stellt mit einem Roman über die Liebe einen Welt-Hit in die Literaturszene, wird flugs hofiert von den Medien zwischen Toronto und Tokio, in seiner mitteleuropäischen Lebenswelt sowieso. Aber jetzt ist es aus. Ausgebrannt, nur eine handlungsunfähige Hülle hockt am Schreibtisch, das einzig Regelmäßige ist der Griff zur Flasche. Seine bildschöne Frau, die ihm beim Verfassen des Romans eine große beratende Hilfe war, hält das nicht aus, sie verlässt ihn. Dafür gibt es eine neue seltsame Partnerschaft. Auf vorerst geheimnisvollem Weg erhält er Briefe unter der Türe durchgeschoben. Eine Frau, die sein Buch kennt, beichtet ihm ihre und ihres Partners sexuelle Obsessionen bis ins kleinste Detail; wie sie es zuhause treiben, in Porno-Bars. Die Frau beobachtet jeden seiner Schritte, selbst über Besuche bei seiner Verlegerin weiß sie Bescheid, und dass ihre Briefe zu Literatur unter dem Namen des Autors verarbeitet werden sollen. Er flieht bis nach Tokio, auch darüber weiß sie Bescheid.

Es kommt zu einer intimen Wiederbegegnung mit seiner Frau, aber zu keiner Wiederannäherung.

Wieder daheim, besucht er seine todkranke Mutter, die er liebt. Als sie stirbt, bricht die Sperre, er beginnt wieder zu schreiben.

Wolfgang Hermanns neue Prosa, weit entfernt von Thematik und Stil der „Faustini“-Romane. Ernster, dunkel getönt. Im ersten Buchteil noch der Verdacht, verpackt in die Krimi-Handlung um die rätselhafte Briefpartnerin, die ihn emotional ansaugt, hier komme ein Edel-Porno daher. Aber allmählich ändert sich die Färbung. Es schiebt sich das Bemühen um einen Ausweg im emotionalen Dschungel des Lebens in Richtung Liebe, weniger Begehren, in den Vordergrund. Es bleibt aber Bedrückung. Die Unbekannte bleibt unbekannt, die Frau der echten Liebe bleibt weg.

Hermann (Wildgans-Preisträger 06) hat von seinen Qualitäten auf dem Gebiet ernster Prosa schon mehrmals Beweise geliefert (etwa die Erzählung „Paris Berlin New York“), jetzt eine weitere schön geschriebene Etappe auf dem künstlerischen Lebensweg. (reta)

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20. April 2024