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Le Prophète: Viel gewollt, aber nur wenig erreicht

Von Michael Wruss, 24. September 2019, 00:04 Uhr
Le Prophète: Viel gewollt, aber nur wenig erreicht
"Le Prophète" wurde in der Inszenierung von Alexander von Pfeil den Erwartungen nur teilweise gerecht. Bild: Palffy

Musiktheater: Die Regie fiel bei der Meyerbeer-Oper durch, nur das Bruckner Orchester überzeugte restlos

Es geht um Macht, deren Erhalt und die Auslöschung aller, die diese Macht bedrohen oder gar zur Revolution aufrufen, um die Mächtigen zu stürzen. In dieser Hinsicht wäre Giacomo Meyerbeers Oper "Le Prophète", die am Sonntag im Musiktheater Premiere hatte, mehr als nur aktuell und spiegelt beinahe täglich das Weltgeschehen auf dramatisch brutale Art und Weise.

Wäre …, gäbe es nicht bei dieser Produktion eine Inszenierung, die viel will und dabei wenig erreicht und sich in Banalitäten festfährt. Regisseur Alexander von Pfeil gelingt es nicht, in der trostlosen Ausstattung, die der abbruchreifen Industriearchitektur eines zerstörten Gasometers ähnelt, das Thema auf den Punkt zu bringen.

Die fanatischen Wiedertäufer, die zwischen 1534 und 1536 die Reformation ad absurdum führten und in Münster ein theokratisches Terrorregime errichteten, schlurften wie alternative Hausbesetzer aus den 70ern lust- und ziellos über die Bühne. Göttlichen Fanatismus konnte man ihnen nicht abgewinnen. Das für die Grande Opéra so zentrale Volk wurde eher zur Dekoration degradiert, als tatsächlich handelnde Masse zu sein.

Der von Meyerbeer minutiös ausgetüftelte Konflikt zwischen persönlichem Wünschen und öffentlicher Erwartung des Heilsbringers wird kaum greifbar, und selbst die zentrale Mutter-Sohn-Beziehung entwickelt sich nur punktuell zum Drama.

Kaum Kontinuität

Handlungsstränge erfahren kaum Kontinuität, und so verwundert es nicht, wenn die Zerschlagung der Wiedertäuferbewegung durch Aliens in grünen Strahlenschutzanzügen passiert. Die Inszenierung wirft mehr Fragen auf, als sie beantwortet. Nun kann man sagen, dass Meyerbeers Oper deswegen kaum mehr gespielt wird, doch war dieses Werk bis zur NS-Auslöschung im Standardrepertoire eines jeden großen Hauses und der Jean eine Paraderolle für die bedeutendsten Tenöre ihrer Zeit.

Doch an diesem Abend wurde man teilweise auch in dieser Hinsicht enttäuscht. Jeffrey Hartman konnte nur wenig in der Rolle des Jean de Leyde überzeugen, vielmehr wirkte er angeschlagen und konnte nur mit Müh und Not die stimmlichen Herausforderungen bewältigen.

Die Berthe ist nicht gerade eine Paraderolle für Brigitte Geller, die zwar die notwendige Dramatik besitzt, aber nicht mehr die ebenfalls gebrauchte Leichtigkeit. Aber sie machte das Beste daraus und überzeugte durchaus.

Für Martin Achrainer ist die Bassrolle des Oberthal einfach zu tief, als dass er brillieren könnte. Dominik Nekel (Zacharie), Matthäus Schmidlechner (Jonas) und Adam Kim (Mathisen) blieben inszenatorisch im Schatten und konnten auch musikalisch nicht auf gewohntem Niveau punkten. Bleibt einzig Katherine Lerner, die als Fidès wirklich große Oper gestaltete und ihre klanglich nicht immer ausgewogene Stimme zu Extremleistungen motivierte und damit restlos begeisterte.

Bleiben noch der Chor und Extrachor (Elena Pierini und Martin Zeller) sowie der von Ursula Wincor studierte Kinderchor, die wie immer überzeugend agierten.

Das wirkliche Highlight des Abends war das Bruckner Orchester unter Markus Poschner, das die höchst komplizierte und stilistisch vielfältige Partitur virtuos und klanglich absolut fulminant umsetzte und sich damit erneut in der ersten Liga internationaler Opernorchester behaupten konnte. Somit störte es nicht, dass bei den Ballettmusiken und Märschen der Vorhang fiel und auf der Bühne Stille herrschte, denn das, was da aus dem Orchestergraben erblühte, entschädigte für so manche inszenatorische Fragwürdigkeit.

Fazit: Meyerbeers "Prophète" ist für jedes Haus ein gewaltiges Unterfangen, das aber in der aktuellen Inszenierung die Kraftanstrengung nicht wirklich rechtfertigt.

Musiktheater: Premiere von Giacomo Meyerbeers Oper "Le Prophète", 22. 9.

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Autor
Michael Wruss
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4  Kommentare
4  Kommentare
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Grantlhuber.Nikolaus (294 Kommentare)
am 25.09.2019 16:03

interessanter und differenzierter als die immer gleichen poschner-huldigungen von wruss:

https://www.br.de/nachrichten/kultur/hauptsache-erleuchtung-zeitloser-le-prophete-in-linz,Rcq2RXK

https://www.derstandard.at/story/2000108982864/le-prophete-in-linz-glaubenskrieg-und-paukenschlag

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Freischuetz (3.154 Kommentare)
am 24.09.2019 12:03

Au weh! Jetzt geht das LT Musik auf Wunsch von Haus- und- OÖN Guru Poscher das Risiko, einen Dinosaurier auf die Bühne zu bringen, ein und schon geht's daneben. Da werden bei den Reprisen die Plätze leer bleiben.
Dabei hätten Opern Dinos wie "Der Prophet", "Die Afrikanerin", "Die Hugenotten", ja auch "Fausts Verdamnis" und "Rienzi" ihren Reiz, entlädt sich dort doch geballte Musikdramatik.
Musikalisch ist das Risiko offensichtlich aufgegangen, das BO spielte sich nach Herrn Dr. Wruss in die oberste Liga der Opernorchester, eine Einladung zu den Salzburger Osterfestspielen und Herrn Bachler wird dann folgen.
Fazit: Operndinos spielt man besser nur mehr konzertant. Das Orchester auf die Bühne, die Sängerriege davor. Der Fokus liegt auf der krachenden Musik, die ersparten Kosten für die Bühneninszenierung investiert man in vokale Spitzenkräfte. Besonders für die Tenorpartien. Früher stemmte der Tenorstar der Paris Oper Alain Vinzo solche Partien, heute Stephen Gould und Roberto Alagna.

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Bergonzi (4.578 Kommentare)
am 24.09.2019 18:07

Vanzo, Gould , Alagna eher ein Duo infernal und ein ganz gutes lyrisches Leichtgewicht!

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Freischuetz (3.154 Kommentare)
am 25.09.2019 09:56

Wenn schon bilden Vanzo, Gould, Alagna ein TRIO Infernal.
Na gut, Carlo Bergonzi wäre eine geeignete Besetzung für den Propheten gewesen. Bergonzi gehörte zu seiner Zeit als tenore lirico spinto zur Weltklasse.
Tenöre sind die Stars der Oper mit den besten Gagen, weil wirklich gute Tenöre so selten sind. In der Linzer "Eugen Onegin" Produktion war ein junger polnischer Tenor als Lenski engagiert. Er hatte alle Eigenschaften zur Weltklasse aufzusteigen. Wissen Sie noch, wie er hieß, Signore Bergonzi?
Seinerzeit hörte ich als Lenski im alten Theater an der Promenade einen gewissen Piotr Beczala - "schöne Stimme, aber er verwackelt immer" -, der dann zur Weltklasse aufstieg.
Sig. Bergonzi, es mir eine Freude einen Forumskollegen in der Sparte Kultur zu haben. Viva la musica!

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