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„They Shall Not Grow Old“: Als könnte man die Front schmecken

Von Nora Bruckmüller   29.Juni 2019

Wenn die britischen Soldaten, die meisten kaum 19 Jahre alt, in "They Shall Not Grow Old" ihre ersten Schritte an der Front des Ersten Weltkriegs gehen, trifft einen ihr Schicksal plötzlich noch härter. Denn "Herr der Ringe"-Regisseur Peter Jackson setzt hier einen genialen Bruch mit dem Dagewesenen des Kriegsdokumentarfilms.

Der Neuseeländer hat das Kämpfen des Empires gegen die Deutschen und ihr Dahinsiechen im Stellungskrieg koloriert. Doch nicht nur das. Technisch virtuos wurde schwarz-weißes, stummes Material der digitalen Dreidimensionalität zugeführt. Auf der Leinwand spürt man, nach kurzer Einführung in Grautönen, diese von der Industrialisierung überrollten und von Propaganda angetriebenen Buben als Wesen aus Fleisch und Blut. Mit der Farbe schafft es Jackson, der die Arbeit seinem von 1910 bis 1919 für die Briten dienenden Großvater widmete, den "Staub" der Vergangenheit abzuwaschen, so das Gefühl von sicherer, zeitlicher Distanz zu stören.

Doch der Oscar-Sieger (57) ruft die Urkatastrophe Europas auch geschickt auf der Ebene des Tons ins Gedächtnis: Erinnerungen, auch Anekdoten aus Interviews mit Veteranen wurden so montiert und mit Bildern akkordiert, dass sie den Krieg aus Soldatensicht chronologisch erzählen – vom Einrücken bis zum Versailler Friedensvertrag 1919 und der Heimkehr.

Dazwischen? Wird genau skizziert, wie die Maske der Zivilisation fällt. Blut, Dreck, Fäkalien, Ratten, Salven, Detonationen, abgetrennte Gliedmaßen und Kameraden, die ersticken, noch bevor sie der Gegner vernichtet – in einer Masse aus Erde, Regen, verrottenden Leichen und Tierkadavern. Ein extrem ehrlicher Film, der einen dermaßen packt, dass man meint, die Front schmecken zu können.

"They Shall Not Grow Old": GB/NZL 2018, 99 Min.,

OÖN Bewertung:

 

Der Trailer zum Film:

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28. März 2024