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"Gipsy Queen": Von ganz unten ein Stück weiter nach oben boxen

Von Silvia Nagl   07.Dezember 2019

Noch härter solle sie zuschlagen, viel mehr Aggression in die Schläge stecken…. Man könnte meinen, Tobias Moretti habe in seinem Leben nichts anderes getan, als Boxtrainer zu sein. Wie er überhaupt in diesem Film eine Rolle spielt, die ihm offensichtlich Freude gemacht hat: den versoffenen, abgehalfterten Besitzer Tanne der tatsächlich existierenden, legendären Hamburger St.-Pauli-Kneipe "Zur Ritze" samt Boxring im Keller. Diesen harten Typen mit dem doch weichen Herzen spielt Moretti optisch wie einen Strizzi aus der Wiener Vorstadt, der schon bessere Tage gesehen hat – und das mit verblüffend norddeutsch eingefärbtem Akzent. Dafür ist er auch beim Österreichischen Filmpreis als bester Hauptdarsteller nominiert.

Hauptfigur im Film aber ist die junge Ali – großartig gespielt von Alina Serban als selbstbewusste, liebevolle, durchsetzungsfähige, dann wieder am Boden zerstörte Frau, die weiß: Das Leben ist kämpfen, fallen, wieder aufstehen, weiterkämpfen. Ali, eine Roma aus Rumänien, wird von ihrem Vater verstoßen, als sie ihr zweites lediges Kind bekommt. Er hat einst alle Hoffnungen in sie gesetzt, sie als Boxerin trainiert.

Ali schlägt sich mit ihren beiden Kindern (mit großer Natürlichkeit Sarah Carcamo Vallejos und Aslan Yilmaz Tabak) nach Deutschland durch, macht erniedrigende, schlecht bezahlte Arbeit – mit nur einem Ziel vor Augen: ihren Kindern ein besseres Leben zu ermöglichen. Hüseyin Tabak (38), der an der Wiener Filmakademie u.a. bei Michael Haneke lernte, hat sich vom Schicksal seiner Mutter inspirieren lassen, die als Mädchen aus der Türkei nach Deutschland kam und auch mitgeholfen hat, die Familie durchzufüttern.

Ali muss viel einstecken

Wie Ali schließlich mit Hilfe von Ex-Boxer und Kneipen-Besitzer Tanne Kondition schindet, wieder in den Boxring steigt, dabei einiges einstecken muss, dass man manchmal gar nicht mehr hinschauen möchte, könnte auch Hollywood-Kino ("Million Dollar Baby") sein.

Die Figuren aber bleiben nicht in Klischees stecken, zeigen viel Charakter(-stärke), wirken allesamt sehr authentisch. Regisseur Tabak vermag Außenseitertum, Migration, den Weg von ganz unten zumindest ein Stück weiter nach oben überzeugend nachzuzeichnen.

"Gipsy Queen", A/D 2019, 120 Min.

OÖN Bewertung:

 

Der Trailer zum Film: 

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29. März 2024