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"Fabian oder Der Gang vor die Hunde": Von der Wucht einer verwaschenen Zeit getroffen

Von Nora Bruckmüller, 07. August 2021, 00:04 Uhr
Von der Wucht einer verwaschenen Zeit getroffen
Tom Schilling als Fabian Bild: Filmladen

Ein Kinofilm nach Erich Kästner, der sich kompromisslos Glanz und Abgrund der überhitzten Weimarer Republik verschreibt.

176 Minuten dauert dieser Kinofilm. Sich für eine so lange Spielzeit wie für "Fabian oder Der Gang vor die Hunde" zu entscheiden, gilt 2021 an sich als radikale Ansage.

Dominik Graf, einer der renommiertesten deutschen Regisseure, stellt sich mit seinem Werk, das lose auf dem titelgebenden Roman von Erich Kästner (1899–1974) beruht, gegen den Fetisch der Unmittelbarkeit. Das Kunststück, das dem Grimme-Preis-Träger damit gelingt, ist von besonderer Ironie: Graf führt uns die überhitzte, von Unsicherheit geprägte Epoche, in der wir leben, vor Augen, indem er uns eine zeigt, die noch nicht lange vorbei ist: die der Weimarer Republik (1918–1933). Es ist der Sommer 1931 in Berlin. Tagsüber verdingt sich Dr. Jakob Fabian (Tom Schilling) als Werbetexter, bevor er sich dem Nachtleben hingibt. Sein Freund, Stefan Labuse (Albrecht Schuch), hadert mit seiner Dissertation, mit seiner reichen Familie und den erstarkenden Nazis.

  • Video: Erst im Jahr 2013 ist Erich Kästners 1931 entstandener Roman "Fabian" in seiner Originalfassung erschienen. Jetzt hat der deutsche Regisseur Dominik Graf das Buch verfilmt.

Schilling ist ein sehr guter Spitzbube mit schriftstellerischer Ambition und burschikoser Präsenz. Ihm gegenüber wirkt Schuch wie ein fescher Strahlemann, der jederzeit Superman sein könnte. Das ist sogar gut. Denn die Figur des Fabian verlangt gerade danach, immer kleiner, gedrückter zu wirken. Er repräsentiert eine von der Wucht der verwaschenen Zeit getroffene Gestalt. Labuse ist es ebenso, sein explosiver Verfall wirkt umso heftiger. Die jungen Männer sind Suchende, die durch ein Labyrinth aus Stufen und Beton hasten. Der eine Krieg steckt ihnen in den Knochen, den neuen spüren sie. Graf umgibt sie mit Musik, Dialogen, Dekor. All das erzählt immer von mehr als nur scheinbar Schönem: dem Verfall von Werten und Menschen. Es wird gesoffen, gevögelt, geraucht, gekokst, Gewalt verübt.

Fabians Arbeitslosigkeit könnte der Tiefpunkt werden, bis er durch Cornelia (Saskia Rosendahl) glaubt, Rettung zu finden, aufrecht zu bleiben. Rosendahl gibt ein herrlich erblühendes Fräuleinwunder mit Tiefgang. Letztlich weiß auch sie weder ein noch aus. Graf hat sich für diese Leben nicht einfach so 176 Minuten Zeit genommen. So lange dauere es, Kästners Buch zu lesen. Somit stellt er seinen Film auf eine Stufe mit großer Literatur.

Kästners klare Sprache schreibt sich immer wieder gekonnt ein. Dennoch dient sie allein dem großen Ganzen, das wie das Kino der Weimarer Zeit inszeniert ist. Der Film wackelt, ist auch körnig, zuweilen anstrengend unscharf. Besser könnte man sich Fabian und Labuse nicht einfühlen. Ein Blockbuster sieht gewiss anders aus. Aber dies ist ein Film, der sich auf außergewöhnliche Kunst versteht.

Fabian oder Der Gang vor die Hunde: D 2021, 176 M.,

OÖN Bewertung:

 

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Autorin
Nora Bruckmüller
Redakteurin Kultur
Nora Bruckmüller
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