"Gran Torino": Ein Mann macht endgültig Schluss
„Gran Torino“: (USA 2008, 116 Min.), Regie: Clint Eastwood (City OmU, Megaplex, Cineplexx)
OÖN Bewertung: 5 von 6 Sternen
Wie ein verwitterter Pflock steht er während der Totenmesse für seine Frau in der Kirche, die Augen verbittert zu Schlitzen mit Krähenfüßen ...
Wie ein verwitterter Pflock steht er während der Totenmesse für seine Frau in der Kirche, die Augen verbittert zu Schlitzen mit Krähenfüßen verengt. Sie fixieren den gepiercten Nabel der pubertierenden Enkelin und lösen knurrenden Groll in ihm aus. Es ist der Laut eines alten Hundes, den Tage und Nächte an der Kette oder hänselnde Kinder grantig gemacht haben. Die Distanz, die er zu seinen Söhnen in der Betbank hält, ist eine gewachsene.
Walt Kowalski hat sich den Panzer des sozialen Ekels umgehängt. Der einsame weiße Wolf, den der Koreakrieg seelisch vernarbt hat, spuckt seine asiatischen Nachbarn unverblümt mit rassistischen Tönen an. „Schlitzaugen“ gehört noch zu den nettesten Ausdrücken, die er auf Lager hat. Den jungen Priester, der ihn hartnäckig zur erlösenden Beichte drängt, straft Walt mit Sarkasmus.
Mit ironischer Finesse hat Clint Eastwood seine letzte Schauspielfigur aus seinem üppigen Charakterfundus gespeist, vom Stummel kauenden, wortkargen Poncho-Outlaw Joe über den erbarmungslosen, müden Killer Bill Munny bis zum gnadenlosen Exekutor Dirty Harry.
Ohne es darauf anzulegen, wird Rentner Kowalski zum Helden seiner tristen Gegend. Als eine Gang den Nachbarbuben Thao mit Gewalt dazu nötigen will, Mitglied zu werden, schreitet Walt mit Gewehr und eindeutiger Botschaft ein: „Erst puste ich dir ein Loch ins Gesicht, dann gehe ich ins Haus und schlafe wie ein Baby.“
Nicht Thaos Rettung bewegt ihn dazu, sondern das lautstarke und körperliche Eindringen in seine Welt, die er mit dem Vorgarten, der zum Rauchen und Biertrinken dienenden Veranda und der Garage mit dem umhegten Ford Gran Torino Baujahr 1972 klar nach außen abgegrenzt hat.
Mürrisch und ungehobelt wehrt sich Walt anfangs dagegen, mit den Hmong – einem Volk aus Laos, Thailand und China, das in Vietnam auf Seiten der USA stand – bekannt zu werden. Wären da nicht Thao, der seinen Platz im Leben noch nicht gefunden hat, und seine selbstbewusst-freche Schwester Sue (Ahney Her), über die das Näherkommen allen Vorurteilen zum Trotz passiert.
Regisseur Eastwood erzählt die schwierige kulturelle Begegnung, aus der sich ein später Menschenfreund schält, nach alter Schule. Geradlinig nimmt er den Weg vom ironischen Selbstzitat bis zum komischen Beschnuppern, vom aufziehenden Drama bis zur stilisierten Lösung, in der der Schauspieler Clint Eastwood mit sich selbst Schluss macht.