"Crazy Heart": Bis zu seinem Tod bleibt er "Bad"
Den versoffenen, verlebten und gefallenen Country-Sänger Bad Blake hat Jeff Bridges zu Höchstleistungen getrieben – Oscar und Golden Globe waren der Dank. Seit diesem Wochenende ist „Crazy Heart“ in Österreichs Kinos zu sehen.
Bevor er den letzten Zug aus seiner Zigarette saugt, zündet er sich an der Glut noch schnell die nächste an. Auf Whiskyflaschen-Nachschub ist er ähnlich bedacht – dafür fährt er in seinem rostigen Auto nur mit offener Hose durch die Gegend.
Es ist jede Pore seines verlebten Gesichts, jedes Gramm seines schwammigen Körpers, das Bad Blakes Lebensgeschichte erzählt. Er war einmal wer in der Country-Szene, damals, jetzt singt er „I have been somebody and now I am somebody else“, spielt er in Bowling-Hallen vor einer Handvoll Leute und lässt die noch stehen, weil er während des Konzerts in einen Mistkübel erbricht, aus dem er anschließend seine Sonnenbrille wieder herausfischt. Er war einmal wer, selbst der Superstar der Country-Szene Tommy Sweet (Colin Farrell) hat alles von ihm gelernt, jetzt wartet vor dessen Konzert eine Truck-Flotte, auf Bad nur seine Rostlaube.
Erst die Journalistin Jean Craddock (Maggie Gyllenhaal) bringt ihn dazu, sich selbst zu betrachten und sich zu schämen. „Ich möchte darüber reden, wie schäbig du dieses Zimmer aussehen lässt“ sagt er zu ihr – und dass sie seinen echten Namen erst auf seinem Grabstein erfahren wird. Bis dahin bleibt er Bad.
Und hört das Trinken auch nicht auf, als er sich in die junge Mutter verliebt, nicht, wenn er mit ihr den Tag verbringt und auch nicht, wenn er sich um ihren kleinen Sohn Buddy annimmt, mit dem er die Dinge besser machen will als mit seinem eigenen. Den hat er nämlich seit 26 Jahren nicht gesehen und die Beziehung scheitern lassen, wie fast alles in seinem Leben.
Schlechte Väter sind in Kino und Leben genauso wenig innovativ oder neu wie Geschichten über einen Abgestürzten, der nicht zurück ins Leben findet. Dass diese hier besonders berührt, ist der Verdienst von Jeff Bridges, der den abgestürzten Country-Sänger mit soviel nachlässiger Poesie und Authentizität erfüllt, dass das Zusehen eine Freude ist – sogar wenn er in Unterwäsche über dem Klo zusammenbricht. Mit Bad Blake hat die Country-Musik ihr Pendant zum „Wrestler“ Randy „The Ram“ gefunden – er hätte es sich verdient, jetzt im Kino auch viele Zuschauer und Zuhörer zu finden.
"Crazy Heart": USA 2009, 112 min. Regie: Scott Cooper, "The Wrestler" der Country-Musik. 5 von 6 Sternen