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Katharina Straßer: "Sie war so unglaublich mutig"

Von Nora Bruckmüller   11.Oktober 2019

Die Premiere wird ein emotionaler Abend, sagt Katharina Straßer. Denn ihre Mama, eine Linzerin, wird dabei sein. Genauso ihre Großmutter Liselotte Schmidt (95), sofern es die Gesundheit der früheren Landestheater-Darstellerin, Sprecherin und Sopranistin zulässt (mehr unten).

was ist los?: Wie sind Sie zu Cissy Kraner gekommen?

Katharina Straßer: Ich habe in ‚Wien für Anfänger‘, einem anderen Programm von mir, zwei Lieder von Cissy Kraner gesungen. Das hat mir sehr getaugt. Dann hat mich nach einer Vorstellung eine Dame darauf angesprochen, ob ich mir nicht vorstellen könnte, ihr einen Abend zu widmen.

Was haben Sie sich gedacht?

Ma, dieses altmodische Zeugs (lacht). Man wird ja schon in der Schauspielschule mit solchen Stücken ‚traktiert’. Aber für Lieder wie diese braucht es eine gewisse Reife. Ich habe das damals gar nicht kapiert und erkannt, wie genial sie sind. Trotzdem: Ich habe dann herumüberlegt und mir gedacht: Warum denn nicht? Es war mir aber sehr schnell klar, dass ich nicht noch einen Liederabend daraus machen wollte. Ich wollte ein Stück schreiben. Eine Riesenaufgabe, aber ich hab’s gemacht.

Wie hat die Frau, die Sie damals angesprochen hat, darauf reagiert?

Sie heißt Karin Sedlak und ich habe sie als Dramaturgin mit ins Boot geholt. Sie ist ein wandelndes Cissy-Kraner-Lexikon! Sie hat sie auch noch im Künstlerheim in Baden besucht und sie kennen gelernt und ihre Doktorarbeit über Cissy Kraner und Hugo Wiener geschrieben.

Als Paar verbindet beide eine unglaubliche Geschichte: Pianist Wiener und seine jüdische Familie wurden vom NS-Regime verfolgt. Cissy und er brechen zu einer Tournee nach Südamerika auf und bleiben dort, nachdem sie sich während der Schifffahrt verliebt haben. Sie wird seine Stütze …

Ich glaube, er hat sie wahnsinnig gebraucht. Hugo Wiener war 35 Jahre alt, als sie sich kennen gelernt haben und hatte mehrere Suizidversuche hinter sich. Aber ich denke, es war auch mit ihr nicht nur einfach. Sie ist mit ihm in einem Affentempo getourt. Aber dennoch: Das war seine Rettung.

In Caracas, Venezuela, wurden sie Stars.

Ich bewundere sie dermaßen dafür, dass sie sich in einem Land, dessen Sprache nicht ihre war, eine Karriere aufbauten. 1948 kehrten sie nach Wien zurück und wurden auf unserem Kontinent noch einmal Stars. Irre!

Und sie haben als Künstler-Paar den Holocaust überlebt und blieben zusammen.

Lediglich auf Kinder haben sie verzichtet. Kraner hat einmal erklärt, dass sie während ihrer fruchtbaren Lebensphase in Caracas waren und nicht wussten, wie ihr Leben dort weitergehen wird. Eine Familie zu gründen, haben sie sich nicht getraut.

Wie war die Rückkehr, wie war Wien für sie 1938?

Auch todtraurig. Seine Familie wurde getötet. Bis auf ihre Schwester waren auch alle ihre Familienmitglieder tot. Fast alle Kollegen waren ausgewandert oder waren auch tot. Dann arbeitest du mit Menschen zusammen, die vielleicht mitverantwortet haben, dass – wie im Falle Hugo Wieners – deine Angehörigen umgebracht wurden.

Anders als Wiener war Kraner aber keine Jüdin.

Genau. Und trotzdem ist sie mit ihm nach Bogota (Kolumbien) gegangen. Da war sie noch gar nicht in ihn verliebt. Sie war 20 Jahre alt und hat alles aufgegeben. Sie war so unglaublich mutig. Später sagte sie: Ich hab’ gespürt, dass es hier zu etwas Schrecklichem kommen wird.

Wie haben Sie sich Kraners Art zu singen angenähert?

Ich habe meinen komplett eigenen Weg gefunden. Es gibt ein paar Momente, in denen ich sie zitiere. Ein paar Töne, die Kenner raushören. Auch habe ich mir ein paar Interviews angehört. Aber ich mache sie überhaupt nicht nach. Ich habe mir meine eigene Cissy Kraner erschaffen. Ich drehe ja keinen biografischen Film über sie.

Wäre das nicht ein Projekt: Ein Film über sie?

Es gibt tatsächlich Gespräche darüber, aber das ist alles noch Zukunftsmusik. Aber ich werde mich dafür einsetzen.

Und Ihr Partner Thomas Stipsits ("Love Machine") spielt Wiener? Das wäre rein vom Marketing her ein Coup.
Er ist sehr musikalisch,
aber kann er so gut Klavier spielen?

Leider nein. Er kann gar nicht Klavier spielen, und der Schauspieler für diesen Part muss das wohl unausweichlich beherrschen. Ich finde aber auch, er wäre nicht ganz die ideale Besetzung. Wiener war ja 15 Jahre älter als Kraner. Aber natürlich war von Thomas schon die Rede (lacht). Aber prinzipiell trenne ich gern unsere Projekte.

Einer muss ja für Ihre beiden Kinder da sein.

Als Allererstes das. Und ich möchte selbstständig sein. Sonst wird man vielleicht nur mehr als Paar wahrgenommen. Aber ich war davor schon jemand Selbstständiger. Was aber nicht heißt, dass wir nie wieder zusammen drehen werden.

*****

Kraner, Wiener und Strassers Linzer Wurzeln

 

„Alles für’n Hugo“ ist nach viel Erfolg in Wien am 25. 10., 20 Uhr, im Linzer Posthof zu sehen. Karten: posthof.at,
Tel.: 0732/78 18 00. Im Zentrum steht das Leben – von jung bis alt – der Sängerin und Musikkabarettistin Cissy Kraner (1918–2012).
 
Hugo Wiener: Die Badnerin (NÖ) gehörte mit ihrem Mann, dem Komponistin u. Pianisten Hugo Wiener (1904–1993), zu den Unterhaltungsstars der Nachkriegszeit im Wiener Kabarett „Simpl“ – u. a. neben Karl Farkas, Ernst Waldbrunn.
 
Linzer Wurzeln: Schauspielerin und Kabarettistin Katharina Straßer (u. a. „Schnell ermittelt“) stammt aus Tirol. Ihr Großvater spielte am Linzer Landestheater (OÖN-Mostdipf-Preisträger 1978) sowie auch ihre Großmutter Liselotte Schmidt. Deren Tochter, Straßers Mutter Franziska, ist Linzerin. Straßer (35) ist mit
ihrem Kollegen Thomas Stipsits (36) verheiratet. Sie haben zwei kleine Kinder.

 

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28. März 2024