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Jesus mit Glatzkopf, kiffende Hawara-Partie, todbringender Kuss

Von Helmut Atteneder   13.Juli 2019

Blasphemie! Als Wolfgang Teuschl im Jahr 1971 sein ins derb-ordinäre Wienerisch transkribierte Markusevangelium vorlegte, war der Aufschrei groß. Im Laufe der Zeit hat "Da Jesus und seine Hawara" seine gesellschaftsspaltende Wirkung verloren und geriet in Vergessenheit. Was schade ist.

Ähnlich dürfte es auch dem Intendanten der Festspiele auf Schloss Tillysburg gegangen sein. Nikolaus Büchel dramatisierte den Stoff und bastelte mit einem mit viel Feinsinn gecasteten Ensemble eine ganz bemerkenswerte Bühnenarbeit. Leben und Tod Jesu zieht auch in von Säkularismus geprägten Zeiten immer noch an: Erstmals seit der Wiederentdeckung von Schloss Tillysburg als Theaterdestination vor drei Jahren war eine Premiere ausverkauft.

Was diese Bearbeitung besonders macht, ist der behutsame Umgang mit der Komik, die die Sprache an sich schon mitbringt. Büchel, der auch Regie geführt hat, hat allen zwölf Aposteln einen glaubhaften Typus übergestülpt. Das gibt beim Zusehen einen gewissen Halt. Er lässt auch Platz für Schmähs, etwa wenn es heißt: "Mit 16 is da Jesus opascht. Und wo war er?" Antwort: "In the Ghetto ..."

Die wundersame Brotvermehrung am See Genezareth ist auch so ein Slapstick-Kleinod. Als der Pizzalieferant kommt, erklärt Gott (Bernd Jeschek) vom Fenster im ersten Stock herunter: "Mehr als den Pizzadienst anrufen, können wir von da heroben a ned ..."

Da darf dann gelacht werden, im Sinne einer Entladung der Emotionen, die sich an anderen Stellen des auf Fußballspiellänge eingedampften Stoffes aufgestaut haben. Immer wieder erstickt der Witz in der bevorstehenden Katastrophe, andererseits erlöst er von der Bangigkeit. Höhepunkt ist der Gänsehaut stimulierende, lang anhaltende Kuss, mit dem Jesus von Judas verraten und damit ausgeliefert wird.

Aus dem geschlossen stimmigen Ensemble ragen Jesus (Bernhard Majcen), der vielseitige Stefan Wancura (Judas, Satan, Pharisäer), der dauerkiffende Jakobus der Ältere (Hubert Wolf), Johannes Sautner als ungläubiger Thomas und Aaron Karl als g’schaftelnder Jakobus der Jüngere heraus. Bernhard Majcen ist ein Jesus, der frei von Zeigefingermoral und Pathos agiert und beweist, dass das optisch gängige Bild Jesu völlig belanglos ist.

Fazit: Dieser famosen Jesus-Partie seien noch viele ausverkaufte Vorstellungen gewünscht.

"Da Jesus und seine Hawara": Premiere auf Schloss Tillysburg, 11. Juli. Weitere Termine und Infos: festspiele-schloss-tillysburg.at

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