Hass gegen Trans-Menschen? Debatte um Rowling-Krimi
"Troubled Blood": Ein Killer in Frauenkleidern treibt sein Unwesen.
In TikTok-Videos werden ihre Bücher verbrannt, der Twitter-Hashtag "Rest in Peace" beerdigt sie inmitten von Kommentaren, die ihr den Tod, die Pest oder das Karriereende an den Hals wünschen – in den sozialen Medien tobt eine heftige Kontroverse um "Harry Potter"-Erfinderin J. K. Rowling und ihren neuen Krimi "Troubled Blood". Der Grund: Der fünfte Teil der Reihe um den Privatdetektiv Cormoran Strike, wie die Vorgänger unter Rowlings Pseudonym Robert Galbraith verfasst, soll transfeindlich sein. Denn der im 944-Seiten-Wälzer eine wichtige Rolle spielende Serienmörder Dennis Creed trägt eine Frauenperücke und einen pinkfarbenen Mantel, um seine Opfer zu täuschen und in seinen Folterkeller zu locken. Rowlings Kritiker werten dies als untrügliches Zeichen für den Hass der Autorin auf Transgender-Personen.
Die Diskussion um die Haltung der 55-Jährigen tobt seit Juni. Damals hatte Rowling einen Artikel über "menstruierende Menschen" online beißend kommentiert: "Ich bin mir sicher, wir haben ein Wort dafür, kann mir jemand helfen?" Gesucht war natürlich: Frauen. Die daraufhin entbrannte Diskussion befeuerte Rowling mit einem Essay weiter, in dem sie den Standpunkt vertrat, dass das biologische Geschlecht unabänderlich sei. "Ich kenne und liebe Transgender-Personen, aber das Konzept, die Geschlechter auszulöschen, hindert viele Menschen, sinnvoll über ihr Leben zu sprechen. Die Wahrheit auszusprechen, ist kein Hass", so die britische Schriftstellerin. Mit Hinweis auf die Gewalterfahrungen in ihrer ersten Ehe äußerte Rowling die Befürchtung, radikale Transgender-Aktivisten könnten Frauenhäuser und andere Institutionen für missbrauchte Frauen sinnlos werden lassen, indem sie keine Differenzierung der Geschlechter mehr zuließen.
Die Reaktionen auf diese Kommentare fielen in der Film- und Literaturwelt unterschiedlich aus. Während Potter-Hauptdarsteller Daniel Radcliffe und Stephen King die Position von Rowling kritisierten, unterstützte Ian McEwan seine Kollegin und prangerte die "heimtückischen, autoritäten und frauenfeindlichen Tendenzen" in den sozialen Netzwerken an. Viele Fans zeigten sich besonders enttäuscht von ihrem Idol, weil sie Rowling bisher als feministische Ikone verehrten. Mit der furchtlosen, cleveren Hermine Granger hatte Rowling eine starke Frauenfigur geschaffen, die in "Harry Potter" einst regelmäßig den Burschen zeigte, wo der Bartl den Most herholt.
Nichts für sensationsgeile Leser
Was dies alles konkret mit "Troubled Blood" zu tun hat? Wenig. Der erst am 14. Dezember unter dem Titel "Böses Blut" auf Deutsch erscheinende Roman wird nämlich alle sensationsgeilen Leser enttäuschen, die auf politisch inkorrekte Meucheleien hoffen. Die Geschichte um eine Ärztin, die vor 40 Jahren auf dem Weg ins Pub verschwand, bietet vielschichtige, geschickt konstruierte Krimi-Spannung, aber weder einen Transsexuellen als irren Killer noch andere Empörungswürdigkeiten für die Online-Meute. Fans von Agatha Christie werden ihre Freude haben, Blut-&-Beuschel-Fetischisten weniger. Rowlings Erfolg tun all die Kontroversen – wenig überraschend – keinen Abbruch: In Großbritannien verkaufte sich "Troubled Blood" allein in der ersten Woche 65.000-mal.
Bald darf nichts mehr geschrieben werden was den Gleichmachern nicht passt