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Gusch, Herr Vollzugsbeamter!

Von Peter Grubmüller, 03. Juni 2019, 00:04 Uhr
Gusch, Herr Vollzugsbeamter!
Das Ensemble von „Theater Frei-Wild“ während der Hochzeitsszene Bild: Jack Haijes

Nationalpark-Zentrum Molln: Begeistert beklatschte Uraufführung von Thomas Arzts Volksstück "Die Verteidigung von Molln" in der Regie von Franz Strasser.

In Molln fallen die Probleme buchstäblich vom Himmel. Die Asylwerberin Lucy entkommt ihrer Abschiebung, weil sie mit einem Fallschirm aus dem Flugzeug springt und in der 3600-Einwohner-Marktgemeinde landet. Ihre Gegenwart reißt uralte Konflikte genauso auf, wie sie jahrelang überschminkte Haltungen entlarvt. Lucy wird zum Blitzableiter jener Emotionen, die so gerne unter "Angst" zusammengefasst und als homöopathische Begründung für die Unfähigkeit strapaziert werden, auf alles Fremde unvoreingenommen zuzugehen. Sie versteckt sich beim Maultrommelbauer Wurzner, dem seine Frau Barbara davongerannt ist. Die ist inzwischen verstorben, sucht aber den alten Grantscherben in Traumsequenzen heim.

Das ist das Fundament des Volksstücks "Die Verteidigung von Molln" von Thomas Arzt, das am Samstag vom beeindruckend engagierten Laien-Ensemble "Theater Frei-Wild" ebendort im Nationalpark-Zentrum uraufgeführt wurde. Der Schlierbacher Dramatiker durchleuchtet die Alibis für Fremdenhass und räumt seinen Figuren Lernprozesse ein, die Türen zur Empathie aufbrechen und am Ende eine Front gegen den aus Wien angereisten Vollzugsbeamten ermöglichen. Arzt nennt ihn – nach dem Architekten des Überwachungsstaates – Metternich. "Gusch!", schreit ihm die am Ende vereinte Meute entgegen, aber erst ihr Maultrommelspiel bringt Lucy die Freiheit. Es ist eine Reminiszenz an die Mollner Legende von Barbara, die als Hexe verurteilt wurde, aber mit der Maultrommel die Herzen ihrer Henker betörte.

Gusch, Herr Vollzugsbeamter!
Dramatiker Thomas Arzt, „Theater Frei-Wild“-Obmann W. Eduard Sageder, Regisseur Franz Strasser (v. l.) Bild: pg

Das ist so irr wie traditionell – auch Nestroy dirigierte seine Gesellschaftsanalysen mit haarsträubenden Wendungen zum Happy-End. Davor schaffen Autor, Regisseur und Ensemble das Kunststück, in zweieinhalb Stunden (mit Pause) die Komplexität hermetischer Gesellschaften schlau und unterhaltsam zu erörtern. Die Dialoge kommen dem Volksmund abgelauscht im Dialekt daher. Musiker Manfred Rußmann brilliert mit Steirischer Harmonika, Zither, Gitarre, Klarinette und natürlich mit der Maultrommel, wenn er dem Stück einen feinen Klangteppich ausrollt. Das eigens komponierte "Moina Liad", in dem er mit Arzt die Heimatliebe köstlich überhöht, hat regionales Hymnen-Potenzial.

Der Abend lebt von Plausibilität und Witz – das ist das Verdienst aller 25 Darsteller, die seit Herbst zwei Abende pro Woche probten. "Theater Frei-Wild"-Obmann W. Eduard Sageder hatte ursprünglich sogar den Maultrommel spielenden Peter Handke wegen dieses Stückauftrags angefragt. Der Star-Dramatiker sagte in einem Brief ab. Sageder: "Wenigstens hab’ ich jetzt eine Handschrift von ihm." Besser und nachvollziehbarer als Thomas Arzt hätte Handke die Atmosphäre auch nicht getroffen.

Fazit: Volkstheater im Maultrommel-Sound, wie es sein muss – mit Laiendarstellern, die über sich hinauswachsen.

"Die Verteidigung von Molln", Volksstück mit Gesang von Thomas Arzt, Regie: Franz Strasser, Uraufführung: 1. Juni, Termine: 7.–10. Juni, 14., 15., 20., 21., 22. Juni. Nationalpark-Zentrum Molln, Info/Karten: www.theater-frei-wild.at, Tel: 0677/62022838

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Autor
Peter Grubmüller
Ressortleiter Kultur
Peter Grubmüller
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