Filmregisseur Ruggia des sexuellen Missbrauchs schuldig gesprochen
PARIS. Ein Pariser Gericht hat am Montag den französischen Filmregisseur Christophe Ruggia für schuldig befunden, die Schauspielerin Adele Haenel sexuell missbraucht zu haben, als diese minderjährig war.
Ruggia wurde in dem seit Anfang Dezember laufenden Prozess zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Zwei Jahre auf wurden auf Bewährung ausgesetzt, zwei muss der Filmemacher mit elektronischer Fußfessel verbüßen. Zudem muss er 15.000 Euro an Haenel zahlen.
Hinzu kommen 20.000 Euro für jahrelange psychologische Betreuung. Ruggias Anwälte kündigten Berufung an. Haenel hatte dem heute 60-jährigen Filmemacher vorgeworfen, sie als Minderjährige wiederholt missbraucht zu haben. Die Schauspielerin hatte diese Vorwürfe, die der Regisseur zurückwies, 2019 öffentlich gemacht und war damit zu einer Vorreiterin der MeToo-Bewegung in Frankreich geworden.
Schauspielerin fühlte sich "sehr unwohl"
Ruggia hatte Haenel für einen Film gecastet, als diese elf Jahre alt war. Die Dreharbeiten fanden ein Jahr später statt. Der Film zeigt mehrere Sexszenen zwischen Haenel und einem Burschen. Die Schauspielerin erklärte später, sie habe sich dabei "sehr unwohl" gefühlt. Mehrere am Filmset Beteiligte sagten später aus, der Regisseur habe dem Mädchen bei den Dreharbeiten häufig die Hand auf den Oberschenkel gelegt und es aufgefordert, sich auf seinen Schoß zu setzen.
In den folgenden drei Jahren verbrachte Haenel zahlreiche Samstagnachmittage bei dem Filmemacher. Nach Schilderung der Schauspielerin drängte Ruggia sich ihr regelmäßig auf, küsste sie in den Nacken und begrapschte sie. "Wenn ich mich zu sehr gewehrt habe, hat er mich angeguckt nach dem Motto 'Nanu, was ist los?' - und dann hat er weitergemacht", sagte sie. Bevor er sie zu ihren Eltern zurückbrachte, habe er ihr Limonade und Kekse gegeben.
Ruggia sagte aus, Haenel habe ihn durch "Posen" gereizt. Ihre Vorwürfe seien ein "Racheakt", weil er ihr keine weiteren Rollen mehr gegeben habe. Die Staatsanwaltschaft nannte als schwerwiegende Umstände die Tatsache, dass Ruggia sich Haenel gegenüber in einer Machtposition befand.
Haenel protestierte bei Polanski-Auszeichnung
Haenel hatte 2020 Aufsehen erregt, als der mit Missbrauchsvorwürfen konfrontierte Regisseur Roman Polanski einen Filmpreis erhielt und sie mit dem Ruf "Eine Schande!" die Veranstaltung verließ. Die Schauspielerin war mit Filmen wie "Die unerschütterliche Liebe der Suzanne" und "Porträt einer jungen Frau in Flammen" bekannt geworden. Sie wurde zwei Mal mit dem französischen Filmpreis César ausgezeichnet. In den vergangenen Jahren hat sie sich aus dem Filmgeschäft zurückgezogen.