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"Es blieb nur das eigene Ich"

Von Karin Schütze, 28. August 2020, 00:04 Uhr

Wolfgang Böck liest zum dritten Mal aus Anton Bruckners Briefen: "Böck ist Bruckner III" spürt am 1. Oktober beim Linzer Brucknerfest der Beziehung von Bruckner zu seinem Kollegen Wagner und dem Musikkritiker Eduard Hanslick nach. Wie es ihm mit Kritiken geht, hat der Linzer im Interview verraten.

Versagensängste kennt auch er gut. Über Premierenfieber und seine Corona-Erfahrungen erzählt Wolfgang Böck (67) im Gespräch.

Wie ist es Ihnen in den vergangenen Monaten ergangen?

Wolfgang Böck: Sehr unterschiedlich. Zum einen war es bitter, nicht arbeiten zu dürfen. Zum anderen bin ich in mehr als 40 Jahren Berufserfahrung noch nie über so einen langen Zeitraum nur mit mir beschäftigt gewesen, ohne mich auf eine Rolle vorzubereiten. Es blieb nur das eigene Ich, das sich um sich selbst kümmern konnte.

Wie war die Begegnung mit Ihrem Ich für Sie?

Das war eine durchaus interessante Erfahrung. Es blieb plötzlich Zeit, Dinge zu tun. So einen schönen Garten, wie ich ihn heuer habe, hatte ich noch nie. Am Anfang war es verwirrend, man musste lernen, damit umzugehen. Dann hat man sich daran gewöhnt. Jetzt wäre es wieder an der Zeit, etwas zu tun zu haben, die Bühne fehlt mir. Dazwischen habe ich es aber auch durchaus genossen.

"Böck ist Bruckner", zum dritten Mal in Linz. Wie nah sind Sie ihm mittlerweile gekommen?

Ich nähere mich ihm ähnlich an wie einer Rolle, wobei mehr im Fokus liegt, den Menschen hinter Bruckner sichtbar zu machen. Was nicht einfach ist, weil die Informationen, die wir über ihn haben, sehr unterschiedlich und zum Teil klischeehaft sind. Mir geht es darum, dass der Zuschauer an diesem einen Abend, wenn ich aus seinen Briefen lese, einen Eindruck bekommt, wie er gewesen sein könnte. Weniger intellektuell, mehr als ein Gefühl.

Diesmal geht es um Bruckner und Wagner. Wie sehen Sie diese Beziehung?

Bruckner hat den großen Meister sehr bewundert, als großen Tonkünstler. Er hat sich das Künstlertum ja selbst nie zugestanden.

Haben Sie einmal jemanden besonders bewundert?

In meiner Jugendzeit haben mir Lino Ventura, Jean Gabin, Spencer Tracy sehr imponiert. Die Jungen von heute kennen sie wahrscheinlich gar nicht mehr, weil sich das alte Schiller’sche Sprichwort bewahrheitet, dass die Nachwelt dem Mimen keine Kränze flicht.

Es wird auch um Bruckners Furcht vor dem Musikkritiker Eduard Hanslick gehen. Lesen Sie Kritiken?

Ja, aber immer weniger. Das mit den Kritiken ist fatal. Wenn ich zehn gute Kritiken und eine schlechte bekomme, nehme ich die guten irgendwie als selbstverständlich hin. Wenn ich am Abend wieder auf die Bühne gehe, fällt mir kurz vor dem Auftritt die elfte ein, die schlechte. Die bleibt hängen und deprimiert oder ärgert einen, je nachdem. Das ist schon ein sehr eigenartiges Phänomen. Das kann auch weh tun und einen schwer verunsichern.

Haben Sie manchmal mit Versagensängsten zu kämpfen?

Meine Selbstzweifel sind durchaus große. Ich muss ständig bei null anfangen. Selbst wenn ich einen großen Erfolg gefeiert habe und zur nächsten Probe gehe, habe ich immer wieder das Gefühl, ich weiß nicht, wie das gehen soll. Auf die Bühne zu gehen und zu versagen, dass die Leute ablehnen, was der Böck da spielt, das bewegt mich sehr. Versagensängste sind etwas, das mir sehr geläufig ist.

Entwickelt man mit den Jahren eine Strategie gegen diese Ängste?

Gegen das Gesamtgefühl nicht wirklich. Aber die Erfahrung, dass es letztlich ja eh immer wieder funktioniert hat, lässt einen besser damit umgehen. Man tut es einfach. Und weil man es immer wieder getan hat, lässt sich die Angst vielleicht ein bisschen besser händeln. Das ist wie Premierenfieber, das sich immer und immer wieder einstellt. Man glaubt, das wird eine Katastrophe, der Text fällt einem nicht mehr ein, man bleibt hängen, bringt nicht zusammen, was man über Wochen geprobt hat. Diesem Gefühl während des Lockdowns nicht immer ausgesetzt sein zu müssen, das hatte durchaus auch etwas Angenehmes.

Wie haben Sie zu Beginn der Krise den Umgang mit Künstlern empfunden?

Es war schon deprimierend, wenn einem so drastisch vor Augen geführt wird, was die Kultur, die Kunst einer Nation wert sind, die sich lautstark ständig als Kulturnation definiert.

Was bedeuten für Sie ganz persönlich Kunst und Kultur?

Für mich persönlich ist es das, was ich mein ganzes Leben getan habe, mein Beruf, der mich ernährt – ausschließlich. Darüber hinaus erscheint mir die Wechselwirkung mit dem Publikum notwendig, ihm eine Projektions- und Reibungsfläche zu geben, mit dem, was man tut, in welcher Form auch immer. Ohne dem wäre das Leben nur halb so lebenswert. Zu sagen, das braucht man sowieso nicht – so einfach kann man es sich nicht machen. Da muss man schon genauer hinschauen, was alles unter Kunst fällt. Wir reden nicht immer nur von Hochkultur, die Bandbreite ist sehr breit und vielfältig. Alle schauen in den Fernseher hinein und sind mit irgendeiner Form von Kunst konfrontiert.

Internationales Brucknerfest Linz von 4. September bis 11. Oktober 2020

„Kontroverse – Bruckner und seine Zeit(genossen)“ – das heurige Motto des Linzer Brucknerfests stellt vor allem Werke Anton Bruckners jenen von Johannes Brahms gegenüber. Es gibt noch Karten für folgende Veranstaltungen und Konzerte im Brucknerhaus:

  • 5. 9.: Klanginstallationen im öffentlichen Raum greifen den Begriff „Kontroverse“ auf, in Pasching und im Stadtgebiet Linz (u. a. Helmut Rogl, *1960, und Ludwig Haas, *1947, in den OÖN-Promenadengalerien), 10 Uhr.
  • 12. 9.: Die Klangwolke 2020 „Sounding Linz“ hüllt mit Werken von Peter Androsch, Sam Auinger, Wolfgang „Fadi“ Dorninger und Gitti Vasicek ganz Linz in eine Klangwolke, 20 Uhr, Infos: soundinglinz.at.
  • 13. 9.: Die Kinderklangwolke „Doppelklick zum Glück“ lädt heuer in die Alte Kaserne Ebelsberg, 10 Uhr.
  • 15. 9.: Liederabend mit dem Schweizer Startenor Mauro Peter und Pianist Helmut Deutsch, 19.30 Uhr.
  • 16. 9.: Das Neue Orchester und Sergey Malov (Violine) unter Christoph Spering spielen Brahms und Bruckners „Annullierte“, 19.30 Uhr.
  • 17. 9.: Jazz-Special mit Starbariton Thomas Quasthoff, 19.30.
  • 22. 9./23. 9.: #freebrahms mit dem Stegreif.Orchester, 19.30 Uhr bzw. 23.9., 11 Uhr.
  • 25. 9.: Sharon Kam (Klarinette) und Matan Porat (Klavier) spielen Werke von Niels Gade, Carl Reinecke und Johannes Brahms,19.30 Uhr
  • 26. 9.: „The Sixteen“, einer der besten Chöre der Welt, gastiert mit Werken von Bruckner und Brahms im Linzer Mariendom, 19.30 Uhr.
  • 27. 9.: Die Festival Sinfonietta Linz feiert unter Howard Griffiths 20 Jahre, 11 Uhr.
  • 28. 9.: Das Oliver Schnyder Trio spielt Klaviertrios von Brahms, Liszt und Saint-Saëns,19.30 Uhr.
  • 29. 9.: Julia Hagen (Cello) und Aaron Pilsan (Klavier), zwei junge aufstrebende Musiker, spielen Werke von Brahms und Mendelssohn-Bartholdy, 19.30 Uhr.
  • 1. 10.: „Böck ist Bruckner III“: Schauspieler Wolfgang Böck liest aus Anton Bruckners Briefen an Richard Wagner, 19.30 Uhr.
  • 2. 10.: Der Chorus Viennensis, ein Männerchor, singt nahezu vergessene Werke aus dem 19. Jahrhundert, 11 Uhr.
  • 3. 10.: Jérémie Rhorer und Le Cercle de l’Harmonie spielen Werke von Johannes Brahms und Anton Bruckner, 19.30 Uhr.
  • 5. 10.: Kit Armstrong, Pianist und Organist, spielt Werke von Franz Liszt und Julius Reubke auf Klavier und Orgel, 19.30 Uhr.
  • 8. 10.: Gérard Caussé (Viola) und das Minguet Quartett sind mit Streichquintetten von Anton Bruckner und Johannes Brahms zu erleben, 19.30 Uhr.

Infos, Karten: Brucknerhaus-Service-Center, Untere Donaulände 7, geöffnet von Mo.–Do., 10–13 Uhr, Karten: 0732 77 52 30 und unter ticket.liva.at, www.brucknerhaus.at

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Autorin
Karin Schütze
Redakteurin Kultur
Karin Schütze
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