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Erziehungs-Fake "Vereinte Nationen" im Landestheater Linz

Von nachrichten.at/apa, 16. Mai 2021, 10:34 Uhr
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Bild: VOLKER WEIHBOLD

Die letzte Onlinepremiere des Landestheater Linz, bevor es ab 19. Mai seine Türen für Zuschauer öffnet, war am Samstag "Vereinte Nationen" von Clemens J. Setz.

An Aktualität - es geht um Erziehung, Scripted Reality und Geld - hat das Stück nach der Uraufführung 2017 in Mannheim und Umsetzungen in Graz und Wien nichts eingebüßt. Regisseur Alexander Julian Meile lässt den Schauspielerinnen und Schauspielern in gut 90 Minuten viel Raum, geht auf das Zwischenmenschliche ein.

Laissez-faire oder autoritär, Helikopter-, Rasenmäher- oder Bobo-Eltern, dieser Stoff füllt meterweise Regale in den Buchhandlungen - und erst Videos im Internet. Hier sind Anton und Karin daheim, natürlich mit ihrer circa siebenjährigen Tochter Martina. Wobei, es gibt die Videos nur auf DVD und Karin ist nicht dabei, nur Anton und Martina. Und Martina (sehr präsent: Kinderdarstellerin Greta Gruber) weiß nichts davon, dass sie da irgendwo beteiligt ist. "Die kleine Maus" wird nur heimlich gefilmt, während Anton sie erzieht - besserwisserisch und selbstgefällig.

Eine Truman Show mit einer minderjährigen Protagonistin, mit eh lieben Eltern, die ihre Tochter halt nur heimlich in Filmen vermarkten - und sich beruhigen, dass Kinder in dem Alter das alles locker wegstecken. Wie weit gehen Eltern in ihrem Streben nach Geld und wer kauft so etwas? - Freund Oskar weiß es: Leute, die zahlen für "die kleine Insel der Aufrichtigkeit", die Martina in den Scripted-Reality-Produktionen ist. Ein bisschen Reality, wo sonst Fake regiert - im Stück sehr real und emotional umgesetzt.

Die Netzbühnen-Inszenierung spielt mit Perspektiven, etwa wenn Martina eine Kamera entdeckt, geteiltem Screen und auch hinter der Bühne. Das schlichte Bühnenbild (Paul Lerchbaumer) verbirgt ganze Räume unter Klappen und lenkt nicht vom Spiel ab.

Der Grazer Schriftsteller und Übersetzer Setz baute in seinem Stück Sätze ein wie "Du hast keine Ahnung wie gut es dir bei uns geht!", und: "Den Ton kannst du bei den Vereinten Nationen anschlagen, aber nicht bei mir!". Der Sager katapultiert die DVD-Verkäufe nach oben. Wurden die Standpauken anfangs einfach "natural" mitgefilmt, steigt das Stück ein, als schon Szenen auf Bestellung gedreht werden, wie "Wirft Essen auf den Boden und muss dann alles aufessen". Als Zuschauerin zieht es einem da vielleicht schon den Magen zusammen - wie Anton (großartig unsicher und naiv: Markus Ransmayr), der sich seine Rolle gnadenlos schönredet: "Sie weiß ja nichts davon, es schadet ihr ja nicht."

Dass das Familienleben gar nicht mehr "natural" ist, sondern an den gewünschten Scripts orientiert, wird schon zu Beginn klar. So sehr Anton zweifelt, so sicher ist sich Karin, dass sie alles besser könnte. Gunda Schanderer überzeugt als unzufriedene, neidische Frau, die ihren Mann kleinmacht, selbst wenn sie ihn aufbauen will. Oskar vertreibt mit seiner Freundin Jessica die boomenden DVDs übers Internet und lotet dort die Wünsche der Zuseher aus. Alexander Hetterle ist ein guter und es gut meinender Freund, manipulativ bis in die Fingerspitzen. Jessica (Katharina Hofmann) ist trotz Karins Angebot zum weiblichen "Putsch" loyal zu Oskar.

Wie weit das mit den Bestellungen schon geht, darüber lässt das Stück im Unklaren. Man befürchtet das Schlimmste, wenn Anton - sehr überzeugend - Panik schiebt, als er glaubt, dass zwei Männer in der Eisdiele ihn und Martina erkannt haben. Doch nach ein paar Monaten und einer Menge verdienter Kohle legt sich auch das. Für Geld werfen also Eltern alle Bedenken über Bord und erziehen ihr Kind nach Wünschen einer unsichtbaren Community? "Vereinte Nationen" regt an und polarisiert, die Darsteller legen ihre Charaktere vielschichtiger, nicht nur auf Geldgeilheit beschränkt, an.

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1  Kommentar
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Etienne (1 Kommentare)
am 16.05.2021 13:09

Gut gespielt und interessant gemacht. Fand auch die Musik toll. Kann man sich ansehen!

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