Elton John: Das irre Leben des Rocket Man
Elton John blickt in einer 496 Seiten starken Autobiografie auf seine Karriere zurück.
Er scheint es noch immer nicht ganz fassen zu können. Dass ein eigentlich schüchterner, dicklicher, früh zur Glatze neigender, schwuler Mann wie er einer der größten Popstars werden konnte. Elton John (72) blickt in seiner Autobiografie "Ich. Elton John" staunend auf sein Leben zurück. Der britische Pianist, Sänger und Komponist spart darin wenig aus – weder typische Rockmusiker-Exzesse noch Krisen, Krankheiten und Verluste oder Charakterschwächen wie Jähzorn, Launenhaftigkeit, Geltungsbedürfnis und selbstzerstörerische Suchtneigungen. Die guten Seiten des Reginald Kenneth Dwight, der sich Ende der 60er den Künstlernamen Elton John gab, glänzen gerade dadurch umso intensiver: seine Menschenliebe und Empathie für Schwächere und seine Fähigkeit zur Selbstkritik.
Elton John zeichnet – assistiert vom "Guardian"-Kritiker Alexis Petridis – viele höchst amüsante, aussagekräftige Mini-Porträts von Familienmitgliedern und Kollegen. Seine notorisch streitsüchtige Mutter, Michael Jackson ("nicht mehr alle Tassen im Schrank"), Keith Richards und Tina Turner kommen nicht gut weg – Kurzzeit-Ehefrau Renate Blauel, John Lennon und Freddie Mercury umso besser.
Dass manche Erinnerungen durch seine Kokain- und Alkoholsucht leicht umnebelt sein könnten, deutet er an. Aber nie hat man den Eindruck, hier wichtigtuerische Schmähs eines Exzentrikers aufgetischt zu bekommen. Stattdessen gibt es viel verschmitzten Humor, aber auch etliche berührende Kapitel, die für das frühe Klavier-Genie mit dem späteren Brillen-Tick einnehmen: sein Liebeskummer nach der Beziehung zum Musikmanager John Reid; die Künstler-Partnerschaft mit dem genialen Textschreiber Bernie Taupin; die Freundschaft zu Prinzessin Diana. Noch eindrucksvoller als jeden Chart-Erfolg, jedes schrille Bühnenoutfit und jede Promiparty schildert Elton John sein Engagement für HIV-Infizierte. Fast eine halbe Milliarde Dollar hat seine Stiftung seit ihrer Gründung 1992 gesammelt. Er erzählt davon ohne Selbstbeweihräucherung.
Seit fast 30 Jahren ist Elton John nun "clean", seit 25 Jahren führt er eine Lebenspartnerschaft (und seit 2014 eine Ehe) mit David Furnish. Das Buch lässt nichts aus. Ein starker Band Lebens- und Musikgeschichte.
Elton John: "Ich. Elton John. Die Autobiografie", Heyne Verlag, 496 Seiten, 26,80 Euro
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