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Eine "Gefühlsterroristin" auf gnadenlosem Rachefeldzug

Von Michael Wruss   21.Jänner 2019

Mit uneingeschränktem Jubel für die Solisten, das Bruckner Orchester und Markus Poschner und mit einigen heftigen Buhrufen für das Regieteam reagierte am Samstag im Musiktheater das Publikum auf die Premiere von Richard Strauss’ Oper "Elektra". Fast auf den Tag vor 110 Jahren erlebte diese extremste aller Opern ihre Uraufführung und elektrisierte mit ihrer Radikalität. Sie wirkt auch heute noch beklemmend.

Sieht man doch das Psychogramm einer geschädigten Frau, deren einziges Lebensziel Rache ist. Rache an ihrer Mutter und deren Buhlen, die ihren Vater ermordet haben. Ob Elektra allerdings diese "Gefühlsterroristin" ist, wie sie Regisseur Michael Schulz sieht, und dabei die Täter-Opfer-Rolle umkehrt, ist zwar ein spannender Gesichtspunkt, aber dennoch fraglich. So sieht das Publikum auch keine Realität auf der Bühne, sondern alles durch das berechnende Auge der Protagonistin. Es ist immer derselbe Raum (Bühne: Dirk Becker), der sich aber je nach Situation in der Wahrnehmung Elektras verändert – das Kinderzimmer, wenn es um Orest geht, der Garten, in dem Chrysothemis ihre sexuell aufblühenden Gedanken pflegt und der sich in eine schwarze Wüste verwandelt, wenn die Kunde von Orests Tod den Hof erreicht. Es ist aber auch der Raum der Veränderung, der Klytämnestra, die hier zur hippen Partyqueen erhoben wird, bei der Bewältigung ihrer Tat helfen soll.

Was kommt nach der Rache?

Beklemmend ist der Schluss: Elektra bricht nicht tot zusammen, sondern erstarrt und wird sich der Leere ihres Daseins schlagartig bewusst. Ihr Lebensziel – die Rache – ist erreicht. Was nun? Mit dieser Ungewissheit wird das Publikum entlassen. Ein spannender Ansatz, der aber nicht restlos überzeugte.

Das tat die musikalische Seite, vor allem das großartig disponierte Bruckner Orchester unter Markus Poschner, das diese Partitur akribisch entschlüsselte. So öffnen sich in Strauss’ Riesenorchester die Kanäle, auf denen die Solisten freie Bahn haben – allen voran Miina-Liisa Värelä. Die finnische Sopranistin überzeugt in allen Belangen, weiß perfekt die Stimme für die unterschiedlichen Emotionen bereitzustellen und die dynamischen Extreme brillant auszukosten. Das gelingt auch Brigitte Geller als Chrysothemis, die ihre Partie emotional und stimmlich beeindruckend gestaltet. Katherine Lerners Klytämnestra besitzt regiebedingt nicht jene Dämonie, die einem grenzenlosen Verfolgungswahn entspringt, versteht sich aber aus dem Konzept freizusingen. Michael Wagner überzeugt als stimmgewaltiger Orest, und Matthäus Schmidlechner findet im Aegisth eine weitere in sein Stimmfach perfekt passende Rolle. Aus dem restlichen Ensemble stechen Theresa Grabner als fünfte Magd und Mathias Frey als junger Diener heraus.

Fazit: Musikalisch grandiose Produktion einer der schwierigsten Strauss-Opern in einer nicht immer das Ziel erreichenden Inszenierung.

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28. März 2024