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Ein stiller Avantgardist auf Besuch in der Heimstätte der alten Meister

Von Hannah Winkelbauer   23.April 2019

Schwebende, rechteckige Farbflächen, die ineinander übergehen: Die abstrakten Gemälde, für die Mark Rothko (1903–1970) weltberühmt wurde, entwickeln eine Sogwirkung. Die großen Formate in tiefen Rottönen, sattem Gelb und kräftigem Blau laden zur Kontemplation ein, die verschwommenen Farbflächen bieten Raum für unendlich viele Sichtweisen. Die Werke waren richtungsweisend für die Zeit, in der sie entstanden sind (ab 1949), und danach. Heißt es doch seit Ende des 20. Jahrhunderts, dass Museen die neuen Kathedralen seien.

Nun sind 46 Werke erstmals in einer Retrospektive in Österreich zu sehen, aber nicht etwa in einem Museum für die Kunst des 20. Jahrhunderts, sondern im Kunsthistorischen Museum (KHM). Es ist ein Überblick über Rothkos Schaffen, von frühen figurativen Gemälden bis zu seinen wegweisenden großformatigen Arbeiten der 1950er und 60er Jahre.

Rothko hatte sich ausführlich mit Kunstgeschichte beschäftigt, war begeistert von den alten Meistern, hatte die Technik eines Vermeer oder Caravaggio studiert und erlernt. In früheren Werken aus den 1930er und 40er Jahren sind Einflüsse der Kunstströmungen des 20. Jahrhunderts erkennbar, nach 1945 wendet er sich der Abstraktion zu, die Farben stehen für sich selbst. Rothkos Bilder sind nie glatt ausgemalt, der Pinselstrich ist immer sichtbar, die Farben vibrieren.

Atmosphärische Räume

Rothkos farbkräftige Werke haben in den schummrigen Räumen des Kunsthistorischen Museums eigentlich nicht die ideale Umgebung, sie würden in einer hellen Galerie stärker leuchten. Nichtsdestotrotz, oder womöglich sogar durch die Düsternis verstärkt, schaffen die Bilder eine feierliche Atmosphäre und ziehen in ihren Bann. Die Ausstellung ist in einem Gebäude, das die menschliche Kreativität von altägyptischen Kulturschätzen bis zum Barock nachzeichnet, jedenfalls nicht fehl am Platz. Sie gehört in eine Reihe, die Kurator Jasper Sharp 2013 mit einem Überblick über das Schaffen von Lucian Freud startete. Idee dieser Ausstellungen ist es, die historischen Sammlungen in Bezug zu modernen und zeitgenössischen Positionen zu setzen. In diesem Fall ist es jedoch sinnvoll, dass die Rothkos in eigenen Räumen und nicht im direkten Dialog mit Werken der "Alten Meister" präsentiert werden, so können sie ihre Wirkung voll entfalten.

Materieller Wert ist zweitrangig

Mit den Millionenbeträgen, für die seine Bilder heute verkauft werden, wäre der Künstler wohl kaum einverstanden gewesen. Im Jahr 2012 wurde sein Werk "Orange, Red, Yellow" aus dem Jahr 1961 um 86,88 Millionen Dollar bei Christie’s versteigert. Seine Auftragswerke für ein Luxusrestaurant im Seagram-Wolkenkratzer in New York hatte er im Jahr 1959 zurückgezogen, weil ihn die pompöse Umgebung abstieß. Rothko ging es um völlig andere Ziele: "Ich bin Maler geworden, weil ich der Malerei die Schärfe von Musik und Dichtung geben wollte", sagte der Künstler, der Österreich zwar nie besuchte, aber die Musik von Mozart, Schubert, Haydn und Beethoven liebte.

Im KHM stehen zum Glück ebenfalls weder Berühmtheit noch Wert der Bilder im Vordergrund. Es ist eine beinah leise Schau, die einlädt, lange vor den Werken zu verweilen und die von ihnen ausgehende Stimmung auszukosten.

Ausstellung: bis 30. 6., Di–So, 10–18 Uhr, Do 10–21 Uhr; nähere Infos unter www.khm.at

 

Mark Rothko, 1903–1970

1903 als Marcus Rotkovich im russischen Dwinsk (heute Lettland) geboren. Als Zehnjähriger wandert er mit seiner Familie nach Oregon aus, zieht 1925 nach New York. Er beginnt ein Malereistudium und besucht regelmäßig das Metropolitan Museum of Art. 1933 hat er seine erste Einzelausstellung. Ab 1936 schreibt er philosophische Betrachtungen über die Kunst, die posthum als „Die Wirklichkeit des Künstlers“ erschienen sind.

Rothkos Durchbruch erfolgt 1949, als er die ersten seiner abstrakten Farbkompositionen schafft. Mehrere Reisen nach Europa zwischen 1950 und 1966 haben starken Einfluss auf seine künstlerische Entwicklung.
Nach mehreren schweren Krankheiten nimmt er sich 1970 das Leben. Sein Sohn Christopher verwaltet seinen Nachlass und ist, ebenso wie Tochter Kate, mitverantwortlich für die Ausstellung in Wien.

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24. April 2024