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Ein skurriles Gletscherspiel in Island ohne musikalische Brisanz

Von Michael Wruss, 23. Mai 2022, 00:04 Uhr
Ein skurriles Gletscherspiel in Island ohne musikalische Brisanz
Fenja Lukas glänzt als Haushälterin des Pfarrers. Bild: Reinhard Winkler

Linzer Musiktheater: Uraufführung der Auftragsoper "Unter dem Gletscher" von Michael Obst und Hermann Schneider, nach dem Roman von Halldór Laxness.

Am Samstag erlebte nach zweijähriger coronabedingter Verschiebung am Linzer Musiktheater die Auftragsoper "Unter dem Gletscher" ihre Uraufführung. Die zweite Zusammenarbeit von Komponist Michael Obst mit Intendant, Librettist und Regisseur Hermann Schneider, die auch diesmal einen naiven, mit beschränkter Weltsicht ausgestatteten Beobachter in eine surreale Situation entsendet: Als Vorlage dient der Roman "Kristnihald undir Jökli", den Halldór Laxness 1968 – 13 Jahre nach seiner Auszeichnung mit dem Literaturnobelpreis – schrieb, kann eine gewisse Skurrilität nicht verleugnen und jongliert literarische Versatzstücke: Anspielungen auf Weltreligionen, isländische und andere Literaturklassiker, wirtschaftliche Entwicklungen und das Esoterische der aufkeimenden Flower- Power-Generation.

Was macht der Pfarrer?

Die Seelsorge, die Pfarrer Jon Primus in einem kleinen Dorf am Fuß des Gletschervulkans Snæfellsjökul den Menschen und Tieren angedeihen lässt, ist von ganz eigener Art. Der Bischof sorgt sich, weil der Mann die Kirche nicht repariert, die Kinder nicht tauft und Tote nicht beerdigt. Und was hat es mit der Leiche auf sich, die auf den Gletscher geschafft worden sein soll? Der junge, mit Tonbandgerät und Schreibblock ausgestattete Theologe Vebi wird zur Kontrolle der Vorgänge geschickt. Er macht absonderliche Bekanntschaften, hört sagenhafte Erzählungen und wird in krude Dispute verwickelt. Und er trifft auf eine "Wahrheit", die sich nicht protokollieren lässt.

Ist ja alles nett, aber dem Werk fehlt Aktualität und Brisanz. Den Roman wird auch lediglich lesen, wer eine andere Sicht auf die Welt der 60er-Jahre werfen mag, nicht aber, wer aktuell brennenden Themen auf den Grund gehen möchte. Obendrein lässt sich der Plot nur schwer in Musik umsetzen.

Denn genauso wie das am Roman entlanglaufende Libretto versucht auch die Musik, die Skurrilität, ja das surreal Verrückte der Begegnungen einzufangen und bizarr zu sein. Auch sie ist mit Versatzstücken aus der Musikgeschichte gepflastert: Da spannt sich ein Panoptikum vom Kinderlied über fein recherchierte isländische Volkslieder, choralartige Melodien bis hin zu Jazz und Musical-Sound sowie romantische Orchesterschwelgerei.

Ebenso an Vorbilder – nämlich die "Sea Interludes" aus Brittens Peter Grimes – erinnern die sieben "Vogelmusiken", die als Zwischenspiele fungieren und mit Instrumenten Originalaufnahmen isländischer Vogelarten nachzeichnen.

Es ist eine Nummernoper geworden, deren Szenen in ihrer musikalischen Eigenheit kaum zusammenfinden. Und das ermüdet bei einem Werk von beinahe dreieinhalb Stunden. Vor allem dann, wenn die Musik, selbst wenn sie in einer Szene mit neuen Attributen spielt, erwartbar werden lässt.

Viele gingen in der Pause

Unter anderem diese Tatsache hat in der Pause nach wagnerverdächtigem zweistündigem ersten Teil doch eine Menge Premierenbesucher in den lauen Sommerabend entfliehen lassen.

In naturalistischem Setting (Ausstattung Falko Herold) hat Hermann Schneider in seiner Regie zumindest andeutungsweise das Ironische der Vorlage herausgearbeitet. Das Sängerensemble – allen voran Anna Alás i Yove als in allen Situationen brillanter Vebi, Fenja Lukas als minutiöse Charakterstudie der Stößeldora (Haushälterin des Pfarrers) und Tina Josephine Jaeger als überzeugende Fina – hat eine große Leistung vollbracht, sondern auch dichte Momente geschaffen. Ingmar Beck gelang es am Pult des akkurat musizierenden Bruckner Orchesters die Vielschichtigkeit der Partitur einzufangen. So bekamen die Ausführenden – Dominik Nekel, Vaida Raginskyte, Michael Wagner, Matthäus Schmidlechner, Martin Achrainer, Peter Fabig, Michael Daub, Domen Fajfar, Gotho Griesmeier, Hans Schöpflin – den meisten Applaus. Für Komponist und Leading Team hatte das Restpublikum freundlichen Respekt übrig.

Fazit: Eine Oper, die beim Versuch, den Roman auf die Musik zu übertragen, nicht restlos überzeugt.

  • Oper, Musiktheater Linz: "Unter dem Gletscher" von M. Obst und H. Schneider (auch Regie), Uraufführung: 21. 5., Termine bis 7. 7. www.landestheater-linz.at
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Autor
Michael Wruss
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