Ein Operetten-Abend, der Angst machte
Herbert Lipperts "Operette Made in Austria" im Brucknerhaus war ein Reinfall.
Eigentlich sollte man über Veranstaltungen wie diese den Mantel des Schweigens breiten. Dennoch verdienen die jungen Musiker des OMIA-Jugendorchesters unter Ernst Theis wie auch die St. Florianer Sängerknaben, die am Mittwoch bei Herbert Lipperts OMIA – "Operette Made in Austria" – mitgemacht haben, Anerkennung. Grundsätzlich wäre der als "moderne Operetten-Sensation" angepriesene Abend ein engagiertes Projekt, das sich das Ziel gesetzt hat, die Operette dorthin zu bringen, wo sie hingehört, und dabei auch den historischen Kontext dahinter zu durchleuchten. Jedoch artete dieses Projekt in eine multimedial lichtbefunkelte Zaubershow aus, in der es nicht um eine ernstzunehmende Annäherung an den vielschichtigen Kosmos des Unterhaltungstheaters ging.
Da braucht man nicht unbedingt mit erhobenem Zeigefinger auf die soziale Situation der damaligen Zeit hinweisen, dass etwa Fettfischer verwertbare Abfallprodukte aus der Kloake Wiens angelten, während darüber im Theater an der Wien die Reichen und Schönen glamouröse Premieren zelebrierten. Auch heute gibt es Mindestlohnempfänger, die sich genauso wenig wie die Tagelöhner damals eine Karte für Veranstaltungen wie OMIA leisten können. Hier braucht man nicht auf die explosive Zeit der niedergehenden Monarchie verweisen, wenn im heutigen Österreich 17 Prozent armutsgefährdet sind. Trotzdem waren die Videos, die Johannes Silberschneider als Reporter und Michael Dangl als dekadenten Impresario zeigten, die besten Momente des Abends.
Verkommt zur Massenware
Was man bei solchen Mega-Events nicht verhindern kann, sind die lauten Lüftergeräusche des Equipments, was es notwendig macht, sowohl das Orchester als auch Herbert Lippert und Ildikó Raimondi zu verstärken – und das nicht wirklich perfekt. Das nimmt der Operette jeglichen Charme und macht sie zur selben Massenware wie die blankpolierten Schlagerhits. Das die feine Kunst des Komponisten ad absurdum führende, abschließende Paul-Abraham-Medley mit "modernem" E-Gitarren-Solo und ebenso "modernen" Rhythmen setzte dem Ganzen die Krone auf.
Fazit: Ein Abend, bei dem man Angst vor der Operette bekommt, was auch der halbleere Saal belegt.