"Ein gesunder Zugang zur Religion"
Mit seinem Repertoire großer Partien von Verdi oder Mozart zieht Bariton Thomas Hampson alle Register. Als Opernstar, der um diesen "Status" natürlich auch weiß, lacht der 64-Jährige deshalb auch, als ihn was ist los? mit Augenzwinkern fragt, was es denn am 13. Juli beim ersten Salzkammergut Klassik Festival von ihm zu hören gebe?
Denn an diesem Samstag tritt der aus Spokane im US-Staat Washington stammende Sänger zunächst einmal als Sprecher in Erscheinung. "Oh, es wird einen sehr spannenden Text von mir zu hören geben: ‚Egmont‘ von Goethe", sagt er. Bei der Vorbereitung auf das Trauerspiel, zu dem Ludwig van Beethoven sein Opus 84 komponierte (mehr unten), kennt Hampson keinen Unterschied zwischen Singen und Sprechen. Der nahezu akzentfrei Deutschsprechende durchdringt die Worte wie sonst Partien mit Verve, Akribie und auch einem Sprachcoach. "Am Ende geht mir halt nur das Singen ab", sagt er scherzend.
Das Stück handelt kurz gesagt vom Untergang des Grafen Egmont von Gaure, der arglos in die Fänge des gegnerischen Herzogs von Alba gerät. Ob er darin Parallelen zu Politik und Lobbyismus unserer Zeit erkenne? "Dazu könnte man viele Thesen anführen". Aber die überzeitliche Kraft der Kunst erkenne man darin, "dass sie Geschichten erzählt, die in jeder Epoche tatsächlich stattgefunden haben könnten".
Eine Frau, die in seiner Heimat Geschichte geschrieben hat, bewundert Hampson sehr: Juristin Ruth Bader Ginsburg, die 1993 als erste Frau für den Obersten US-Gerichtshof nominiert wurde. "Sie ist eine Gigantin. Ihre Haltung, ihre Durchsetzungskraft! Ich bin sehr stolz, dass sie mich einen Freund nennt", sagt Hampson. Geht es um die legendäre "RBG" kommt man nicht umhin, von Frauenrechten zu sprechen. "Natürlich bin ich Feminist", sagt der Vater einer Tochter. Er lacht wieder.
Das tue er aber nur deshalb, erklärt er, weil er in dieser Frage sofort noch größer denken würde, weit weg vom "Privileg des weißen Mannes", im idealtypischen Sinne der "civil rights" (Bürgerrechte) seiner Heimat: blind gegenüber Hautfarben und Geschlecht, der Menschlichkeit verpflichtet.
Genau diese Werte erkennt er in den biblischen Liedern von Antonín Dvorák, die er am 14. Juli in Bad Ischl singen wird. "Ich erkenne darin einen sehr gesunden Zugang zu Religion", sagt der Bariton, der gerne der Ökumene dient. "Einen, bei dem es um Liebe und Demut geht."
Antonín Dvorák, biblische Lieder für Bariton und Orchester, tschechische Originale von Thomas Hampson gesungen, Orchester Wiener Akademie, Dirigat: Martin Haselböck,