Dieses Haus geht der Linzer Seele auf den Grund

50 Jahre Linzer Stadtmuseum Nordico – die 1973 in der Dametzstraße eingezogene Institution feiert Jubiläum.
Wie tickt die Landeshauptstadt Linz – und erst recht ihre Bevölkerung? Nichts Geringeres als Antworten auf diese Fragen zu finden versucht das Linzer Stadtmuseum Nordico. Aktuell durchleuchtet das Nordico mit der Ausstellung "What the Fem?" (bis 28. Mai) mit Arbeiten von mehr als 50 Künstlerinnen feministische Perspektiven ab den 1950er-Jahren. Heuer feiert die Institution ihr 50-jähriges Jubiläum.

Andrea Bina ist seit 2010 die Schrittmacherin des Nordico. Die Kunsthistorikerin legte zusammen mit ihrem Team nicht nur die Geschichte der Wirtshauskultur (2019) offen, sondern auch die Bedeutung des Urfahraner Markts (2017). 2022 leistete sie mit der Schau über die Linzer Städteplaner Curt Kühne (1882-1963) und Julius Schulte (1881-1928) einen maßgeblichen Beitrag zum baukulturellen Verständnis. Etliche Nordico-Ausstellungskataloge sind ob der Nachfrage vergriffen und nur noch antiquarisch um bis zu 200 Euro zu bekommen. Bina: "Mein Geschäftsführer Gernot Barounig findet’s super, dass wir so viele Bücher verkaufen – ich bin immer traurig, wenn nichts mehr da ist."

1607, als alles begann
Was 1973 von Nordico-Gründungsdirektor Georg Wacha schlau eingefädelt und von dessen Nachfolger Willibald Katzinger fortgeführt wurde, stellt nun Bina in die Mitte der Gesellschaft. Jede Schau basiert auf der kunterbunten Sammlung, bei einem Ankaufsbudget von 20.000 Euro pro Jahr bleibt ihr nichts anderes übrig – in diesem Gebäude, das selbst wie ein Monolith der Stadtgeschichte dasteht:


1607 kaufte der Abt von Kremsmünster Alexander a Lacu (1550-1613) für sein Stift ein Linzer Grundstück und beauftragte den italienischen Baumeister Francesco Silva mit der Errichtung eines "Freihauses". In seiner ursprünglichen Form wies das Gebäude eindeutige Architektur-Parallelen zur bischöflichen Residenz in Salzburg auf. 1691 verkaufte das Stift Kremsmünster den Besitz an Graf Oktavian von Cavriani, der ihn 1708 an den Jesuitenorden zur Errichtung eines "Collegium Nordico" veräußerte – ein Internat für Zöglinge aus Schweden, Dänemark und Norwegen. Der Hintergedanke war, protestantische Buben katholisch zu erziehen, um sie später als Missionare in den Norden zurückzuschicken. Christlich war diese Praxis nicht: Da sich für Missionen keine Freiwilligen fanden, kauften die Jesuiten Soldatenkinder herumziehender Armeen zusammen.

Wo heute die Dametzstraße verläuft, ließ das Kollegium eine der Geburtskirche Jesu nachempfundenen Bethlehemkirche bauen, die 1962 samt Verbindungstrakt zum Haupthaus abgerissen wurde. Mit der Auflösung des Ordens durch Joseph II. 1773 wurde auch das Internat geschlossen. 1788 wurde es samt Kirche und Garten an den Privatier Josef Schraml verkauft. In eine der neu eingerichteten Wohnungen zog Elisabeth Jung ein, die Mutter Marianne Willemers, der letzten Geliebten Johann Wolfgang von Goethes. Zum Zeitpunkt seiner Trauung 1845 lebte auch Landeshymnen-Dichter Franz Stelzhamer in diesem Gebäude.
Im Nordico schlug 1851 die Geburtsstunde des OÖ. Kunstvereins mit Gründungsmitglied Adalbert Stifter (1805-1868). Die "Liedtafel Frohsinn", der Anton Bruckner (1824-1896) als Chormeister angehörte, hielt im "Nordischen Stiftshaus" Proben und Konzerte ab. 1911 erwarb die Stadt das Gebäude, 1927 wurde mit dem Ankauf der Sammlung Pachinger das inhaltliche Fundament für ein Linzer Stadtmuseum errichtet. Erst 1973 zog es mit seinem ersten Leiter Georg Wacha ins Nordico-Gebäude ein, die erste Ausstellung trug den Titel "Linzer Stukkateure".

Andrea Bina verantwortete in 13 Jahren als Nordico-Chefin bisher 33 Ausstellungen und zwei Sammlungspräsentationen. 2010 startete sie mit einer Schau über die Linzer Tabakfabrik, auch der Katalog dazu ist längst vergriffen. "Ein Museum wird nie obsolet", sagt Bina mit funkelnden Augen und wiederholt den Satz mantraartig. Man könne digital alles nachschlagen, "aber eine analoge kulturelle Begegnung mit Geschichte gibt’s nur im Museum".
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