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Diese Mischung aus Dämonie und Idylle

Von Christian Schacherreiter   21.März 2020

Liest man Marlen Haushofers autobiografische Erzählung "Das fünfte Jahr" (1952), stellt sich der Eindruck einer Idylle ein. Die kleine, heile Welt, geschildert aus der Perspektive eines fünfjährigen Kindes, liegt rund um das Forsthaus im Effertsbachtal bei Frauenstein. Dort wurde die Schriftstellerin Marlen Haushofer als Maria Helene Frauendorfer am 11. April 1920 geboren.

Die eigene Kindheit machte Haushofer noch einmal zum Thema eines Romans. Die Hauptfigur des Romans "Himmel, der nirgendwo endet" (1966) ist Meta, ein kleines Mädchen, das seine nähere Umgebung, die natürliche und die soziale, mit Verwunderung beobachtet, um sich darin zurechtzufinden und zu behaupten. Im Unterschied zu "Das fünfte Jahr" wirkt diese Erzählwelt nicht mehr idyllisch, sondern ambivalent. Metas Vater ist nicht nur liebevoll, sondern auch jähzornig, und die Mutter ist eine strenge Erzieherin, Familienmensch eher aus religiöser Pflicht als aus persönlicher Neigung und aufrichtiger Liebe.

Diese Mischung aus Dämonie und Idylle
Ab 1930 besuchte sie das Internat der Ursulinen in Linz.

Als Zehnjährige kam Marlen Haushofer zu den Ursulinen nach Linz und musste – so wie viele ihrer Generation – mit den Härten des damaligen Internatslebens zurechtkommen. Als sie 1939 maturierte, existierte Österreich nicht mehr. Marlen wurde zum Reichsarbeitsdienst nach Ostpreußen eingezogen. Dort lernte sie einen deutschen Studenten kennen und wurde schwanger. Die Beziehung zerbrach noch vor der Geburt des Kindes. Mittlerweile hatte Marlen den aus Graz stammenden Medizinstudenten Manfred Haushofer kennengelernt, den sie 1941 heiratete. Zwei Jahre später kam der gemeinsame Sohn zur Welt. Seit 1947 lebte die Familie in Steyr, wo Manfred Haushofer das Zahnambulatorium leitete.

Diese Mischung aus Dämonie und Idylle
1941 heiratete die Schriftstellerin den Zahnarzt Manfred Haushofer.

Die Ehegeschichte der Haushofers ist bizarr. Von Entfremdung zu sprechen ist wahrscheinlich zu harmlos. Manfred Haushofers Affären waren stadtbekannt und Marlens intellektuelle Heimat wurde Wien, wo sie Zugang zum Autorenkreis um Hans Weigel fand. Dass in Haushofers Werken belastete Mann-Frau-Beziehungen ein Hauptmotiv bilden, ist kein Zufall, so zum Beispiel im Roman "Eine Handvoll Leben" und in der Novelle "Wir töten Stella", in der ein Ehemann eine Minderjährige verführt.

Weibliche Welterfahrung

Im letzten Roman "Die Mansarde" (1969) erzählt Marlen Haushofer von einer Ehe, die nur mehr als Fassade existiert. Ihr vordergründig bürgerliches Dasein in Steyr bezeichnete Marlen Haushofer einmal als "Mischung aus Dämonie und Idyll", höchst "unbehaglich", aber auch "faszinierend".

1968 erkrankte die Autorin an Knochenkrebs, sie starb am 21. März 1970. Zu Lebzeiten hatte sie es schwer, die Anerkennung zu finden, die ihr Werk verdient. Erst die spätere feministische Rezeption erkannte die herausragende Qualität einer Prosa, die scheinbar einfach zu lesen ist, aber eine spezifisch weibliche, existenzialistische Welterfahrung vermittelt. Zum viel gelesenen und facettenreich interpretierten Erfolgswerk wurde vor allem Marlen Haushofers Roman "Die Wand", den Julian Pölsler mit Martina Gedeck in der Hauptrolle 2012 verfilmte.

> Der Trailer zum Film "Die Wand":

Literaturempfehlungen

  • „Himmel, der nirgendwo endet“: Roman, Ullstein, 224 Seiten, 10,30 Euro. Der Kindheitsroman gibt erhellende Einblicke in kindliches Erleben vor 100 Jahren.
  • „Die Mansarde“: Roman, Ullstein, 224 Seiten, 12,40 Euro. In diesem autobiografischen Eheroman erzählt Haushofer von der Brüchigkeit einer Ehe, die nur mehr als bürgerliche Fassade existiert.
  • „Wir töten Stella / Das fünfte Jahr“: Novellen, Ullstein Verlag, 112 Seiten, 10,60 Euro. Marlen Haushofer war auch eine Meisterin der kleineren Erzählform.
  • „Die Wand“: Roman, Ullstein, 288 Seiten, 10,60 Euro. Die rätselhafte Geschichte einer Frau, die plötzlich vom Rest der Welt abgegrenzt wird, ist Haushofers bekanntestes Werk.
  • Daniela Strigl: „Wahrscheinlich bin ich verrückt … Marlen Haushofer – die Biographie“: Ullstein, 416 Seiten, 13,40 Euro. Wer alles über Marlen Haushofer wissen möchte, greift zu dieser hervorragenden Biografie.
  • Marlene Krisper: „Das ordentliche Leben der Marlen Haushofer“Essay, Ennsthaler, 80 Seiten, 10,40 Euro. Die Steyrer Germanistin ist Haushofer noch selbst begegnet.

„Katzengeschichten“ und „Meine Kindheit“

Wettbewerb: Steyrer Haushofer-Literaturforum sucht Schreibtalente aus Ober- und Unterstufe

 

Jene, die einst mit Marlen Haushofers Büchern „Brav sein ist schwer“, „Schlimm sein ist auch kein Vergnügen“ aufgewachsen sind, haben heute selbst Kinder oder Enkel. Wie wird die Kindheit heute empfunden? Dieser Frage will das Marlen-Haushofer-Literaturforum mit einem Schreibwettbewerb für Schülerinnen und Schüler auf den Grund gehen.

 

Obendrein hatte die Schriftstellerin eine besondere Vorliebe für Katzen, wie sie unter anderem in ihren Bänden „Bartls Abenteuer“ und „Müssen Tiere draußen bleiben?“ beschrieben hat. Gesucht werden demnach auch die besten „Katzengeschichten“ (Kategorie A) von Schülern der Unterstufe (Mittelschule, Gymnasium).

 

Für Jugendliche der Oberstufe lautet das Thema „Meine Kindheit“ (Kategorie B). Für beide Bewerbe gilt: maximal 2000 Wörter, geschrieben auf dem Computer und fünf Mal ausgedruckt. Wichtig ist, dass in der ersten Zeile des verfassten Textes, noch vor dem Titel der Geschichte, die jeweilige Kategorie (A oder B) und ein selbst gewähltes Kennwort und das Geburtsdatum stehen. In einem kleinen, zugeklebten Kuvert, auf dem sowohl die Kategorie (A oder B) als auch das gewählte Kennwort stehen, muss ein Zettel zu finden sein, auf dem Folgendes steht: Vor- und Nachname, Geburtsdatum, Schulstufe und Schultyp, Adresse, Telefonnummer und eine Mailadresse.

 

Die fünf Kopien sowie das kleine Kuvert gibst du in ein größeres und schickst es an das Marlen-Haushofer-Literaturforum, Postfach 2, 4400 Steyr. Einsendeschluss ist der 20. Mai. Es winken Büchergutscheine, Sach- und Geldpreise. Viel Spaß!

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29. März 2024