Die schön schräge Hölle des alten Hollywood
Tarantinos neuer Kinofilm ist gut, aber nicht grandios
Mit seinen besten Stoffen hat er Filmfans süchtig gemacht. Liefert Quentin Tarantino mit "Once Upon A Time In ... Hollywood" nun Nachschub? Jein. Denn der Meister hat die Rezeptur verändert. Wie in "The Hateful 8" begonnen, peitscht der 56-Jährige seine Figuren nun noch deutlich weniger in Richtung eines festen Ziels – wie es etwa die Auslöschung der Nazis in "Inglourious Basterds" war. Tarantino agiert in seinem neunten Film wie ein Autor, der sich für eine Hommage an den Hollywood-Sommer 1969 vom Sog der Schund-Kurzgeschichte weg zur Langform öffnet, die Stimmungen zelebriert. Die "Poesie" dabei ist aber seine geblieben: schön schräg.
Die irren Vögel, die man durch einen goldenen, aber mit Unrat verkrusteten Käfig begleitet, sind Schauspieler Rick Dalton (Leonardo DiCaprio) und sein Stuntdouble Cliff Booth (Brad Pitt). Dalton sitzt als Kopfgeldjäger-Seriendarsteller auf dem absteigenden Ast. Bricht dieser, stürzt der fesche Booth mit ihm ab.
Helfen könnten die Polanskis. Star-Regisseur Roman und seine Frau Sharon wohnen, wie ihre realen Vorbilder, am Cielo Drive – im Film direkt neben Dalton. Bis dies Sinn ergibt, wird geheult, getanzt, gesoffen, gekifft, Auto gefahren, gedreht, in Selbstmitleid gebadet – ein Panoptikum an Episoden, für die Tarantino Kultur und Ästhetik dieser Zeit bis ins Detail perfekt übersetzt.
Viele Szenen sind grandios echter Tarantino-Stoff – auch dank eines in diversen Rollen durch Mark und Bein gehenden DiCaprio –, manche bloß Aufputz. Doch worauf läuft das Mäandern durch den Bodensatz der Filmindustrie hinaus? Bis man erfährt, warum Brad Pitt diese von ihm gekonnt skizzierte Aura zwischen Killer und liebem Kerl umgibt, dauert es gut eine Stunde. Die Ungewissheit auszusitzen, zahlt sich aber aus.
In einem fulminanten Finale schöpft Tarantino die Fallhöhe dieses Sommers voll aus, in dem in Woodstock "Love and Peace" gefeiert wurde, kurz nachdem die schwangere Sharon Tate von Anhängern Charles Mansons getötet worden war. Bei so viel Sinn für den damaligen Zeitgeist ist es umso enttäuschender, dass Tarantino für den heutigen weniger hat: Oscar-Gewinnerin Margot Robbie, die Tate spielt, darf viel tanzen und lächeln, nur sagen darf sie wenig.
"Once Upon A Time In ... Hollywood": USA/GB, 161 Min., ab 15. 8.
OÖN Bewertung:
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Der m.M. nach bis jetzt einzig enttäuschende Tarantino-Film....alle vorherigen waren grenzgenial !
Margot Robbie hat keinen Oscar gewonnen, sie war nomiert. Just my 2 cents.
*nominiert