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Die größte Rotzpippn von allen

Von Peter Grubmüller, 31. Mai 2019, 00:04 Uhr
Die größte Rotzpippn von allen
Günther Groissböck (Baron Ochs) und Elina Garanca (Octavian) in Strauss’ Rosenkavalier in der Metropolitan Opera in New York Bild: Ken Howard/Metropolitan Opera

Waidhofner Bass-Weltstar Günther Groissböck veredelt am 2. 6. die Klangschmiede Ybbsitz.

Zwischen Engagements in New York, Mailand und Bayreuth, wo er im "Parsifal" und in den "Meistersingern von Nürnberg" singen wird, stattet Bass-Weltstar Günther Groissböck seiner Mostviertler Heimat einen Besuch ab. Unter der Leitung des aufstrebenden Dirigenten Tobias Wögerer wird er am Sonntag mit dem Ensemble der Klangschmiede Ybbsitz zu hören sein (Neue Mittelschule Ybbsitz, 19.30 Uhr). Im Interview mit den OÖN spricht der 42-Jährige über seine Kindheit, seinen Aufstieg und die Überwindung seiner Schüchternheit.

OÖNachrichten: Von März bis Mai haben Sie in der Met in New York den Hunding in der "Walküre" gesungen – welche Art von Parallelleben führt man angesichts so langer Engagements?

Günther Groissböck: Die Met ist da sehr entgegenkommend, diesmal haben sie mir parallel zum Hunding auch den Fasolt im "Rheingold" und den alten Hebräer in "Samson et Dalila" gegeben, damit ich beschäftigt bin. Ich bin ein hungriger Typ – und dass wissen sie in New York. Für mich ist es ganz wichtig, nicht irgendwo herumzusitzen und darauf zu warten, dass die Zeit vergeht. Zum Glück gibt es die modernen Kommunikationsmittel, über FaceTime kann man Familie und Freunde sehen, das Parallelleben ist trotzdem nicht zu verhindern. Und dennoch weiß man aus der Ferne oft mehr über die alte Heimat, weil man Informationen und Nachrichten darüber bewusster aufnimmt. So wie zuletzt in New York.

Bei einem Mann mit so gewaltigem Bass stellt man sich den Stimmbruch als einschneidenden Lebensabschnitt vor – wie war das bei Ihnen?

Kurioserweise hat es diesen typischen Stimmbruch, bei dem die Stimme krächzt und bricht, bei mir nicht gegeben. Ich hatte bis dahin auch keinerlei Stimmbildung, weil ich außer daheim nicht gesungen hatte. Auf meine Stimme haben mich meine Mutter und meine Schwestern aufmerksam gemacht – bei dem, was quasi jeder tut: beim Singen in der Badewanne.

Es heißt, Sie seien ein schüchternes Kind gewesen. War das Singen auch eine Art Therapie, die Schüchternheit abzulegen?

Schüchtern ist in meinem Fall relativ. Jeder meiner Lehrer, der das über mich liest, wird denken: Was redet der Kerl, der war die größte Rotzpippn von allen. Und trotzdem stimmt es: Vor Publikum zu reden oder zu singen, war für mich eine Überwindung. Ich war auch zu schüchtern, um meine Gefühle vor anderen zu zeigen. Der Trick ist das Singen selber. Ich merke es jetzt nach Jahren, welches Selbstvertrauen, welchen Selbstwert ich dadurch gewonnen habe. Auftritte wirken wie eine Therapie, weil man dieses Gefühl der Nacktheit vor Publikum überwindet.

Ihr Vater starb, als Sie dreieinhalb Jahre alt waren. Sie sind mit zwei älteren Schwestern und Ihrer Mutter aufgewachsen. Hat Ihnen diese familiäre Konstellation eine besondere Rolle beschert?

Das klingt größenwahnsinnig, aber bei Werken wie Parsifal, Siegfried oder Walküre erfährt auch diese Suche nach einem Platz in der Familie, die Suche nach einer Männlichkeit große Bedeutung. Innerhalb der Familie war ich immer der Bua. Zwar wohlbehütet, aber derjenige, bei dem man gehofft hat, dass irgendwas aus ihm wird. Mein Vater war ja auch ein beliebter Landarzt in Waidhofen, den ich oft als Leitbild vorgehalten bekam.

Woher kommt Ihre Leidenschaft fürs Rennradfahren?

Als ich zwölf war, haben zwei Schulkollegen Rennräder bekommen – so eines wollte ich auch. Natürlich war ich verblüfft, wie anstrengend das ist, aber es war faszinierend, wie weit man mit körperlicher Anstrengung kommt und wie es sich anfühlt, über die eigene Schmerzgrenze zu gehen. Dieser Ausdauersport hat meiner Entwicklung insgesamt gutgetan.

Aber sind die coolen Buben nicht jene, die gut kicken, und nicht die einsamen Radler?

Ich war ein seltsamer, aber sozial sehr gut eingebetteter Außenseiter. Ein komischer Vogel also, der trotzdem akzeptiert war. Cool in dem Sinne wollte ich nie sein. In meiner Klasse wurde ich akzeptiert, wie ich war – zum Glück, unter anderen Vorzeichen hätte ich auch gemobbt werden können.

Heimat ist ein politisch instrumentalisierter Begriff. Wie hat die Vielreiserei Ihr Heimatgefühl beeinflusst?

Es gibt die geistige Heimat, die ich erlebe, wenn ich etwa die Walküre höre. Wobei es nicht nur Wagner sein muss, wenngleich Wagner meine künstlerische Hauptspeise ist. Diese Heimat ist nicht ortsgebunden. Als jemand, der als Kind starkes Heimweh erlebt hat, kann man sich so eine tröstliche Geborgenheit schaffen. Die politische Instrumentalisierung von Heimat geht mir fürchterlich auf die Nerven, egal von welcher politischen Seite. Ich verbinde damit ein Gefühl der Vertrautheit. Geografisch bekommt Heimat für mich eine konzentrische Kreisform, es gibt also mehrere Orte, die diese Bezeichnung verdienen. Im geistig kulturellen Sinn spüre ich dieses Gefühl am ehesten auf jener Scholle, von der ich herstamme. Also in der Gegend von Waidhofen, wenn ich zum Beispiel auf dem Sonntagberg in die Gegend schaue und höre an einem Herbsttag in Gedanken Bruckners Achte, als würde ich selbst übers Mostviertel schweben. Dieses Gefühl kann ich überallhin transportieren.

Karten unter Tel: 07442/511, tickets@klangschmiede-ybbsitz.at

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Autor
Peter Grubmüller
Ressortleiter Kultur
Peter Grubmüller
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1  Kommentar
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Bergonzi (4.578 Kommentare)
am 31.05.2019 06:57

ein wirklich Guter, darum so viele Vorstellungen an der WSTO!!!

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