Die Gallier und das Matriarchat im Schnee
"Asterix und der Greif": Heute erscheint der 39. Band und damit der letzte, den der 2020 verstorbene Albert Uderzo begleitet hat
Es ist das Volk der Sarmaten, mit denen sich Asterix, Obelix und der Druide Miraculix im heute erscheinenden 39. Band "Asterix und der Greif" der seit 1961 erscheinenden Comic-Reihe verbünden. Diese einst in der Ukraine und im verschneiten Zentralasien herumziehenden Nomaden sind nur auf den ersten Blick eine herzige Kopie der Gallier, tatsächlich läuft dort manches anders: Die Männer kümmern sich um den Haushalt, die Frauen gehen auf die Jagd und führen Kriege. Bei der Kinderbetreuung wechseln sie einander ab, sofern vor lauter Jagen und Kämpfen Zeit bleibt.
Als strippenziehende Figur entpuppt sich Globulus, Caesars Geograf. Ihn beauftragt der römische Kaiser, das Heiligtum der Sarmaten – den mythologisch aufgeladenen Greif (halb Adler, halb Löwe) – zu fangen und für Zirkusspiele nach Rom zu schaffen. Die von den Römern gefangene Sarmaten-Amazone Kalaschnikowa soll deshalb schleunigst ihre Geheimnisse herausrücken.
"Karte und Gebiet"
Globulus ist wissenschaftlich auf der Höhe und längst weg von der Überzeugung, die Erde sei eine Scheibe. Er sieht dem französischen Autor Michel Houellebecq wie abgepaust ähnlich: leicht verschlagener Blick, charakteristische Nase, und das Haupthaar trägt er wie ein vom Wind zerzaustes Strohbündel. Houellebecq habe sich deshalb qualifiziert, weil er 2010 das Buch "Karte und Gebiet" ("La carte et le territoire") veröffentlicht und damit den wichtigsten französischen Literaturpreis, den "Prix Goncourt", gewonnen hatte, sagt Texter und Szenarist Jean-Yves Ferri. Zusammen mit Zeichner Didier Conrad verantwortet er nun den fünften Asterix-Band im Sinne der Erfinder René Goscinny (1926–1977/Text) und Albert Uderzo (1927–2020/Zeichner). Bis zu seinem Tod am 24. März 2020 habe Uderzo das Projekt noch begleitet.
Die Geschichte schlängelt sich flott an Anspielungen auf Immunisierung, Fake News und Geschlechtergerangel entlang, mag aber dennoch nicht den Sog älterer Ausgaben entwickeln.
Der Hund Idefix freundet sich mit Wölfen an. Der Sarmaten-Schamane Terrine wird entführt, Miraculix verkühlt sich, der Zaubertrank gefriert und verliert seine Wirkung – also versohlt Asterix samt Amazonen den römischen Kohorten ohne Doping den Hintern. Obelix ist als Baby ja ohnehin in den berüchtigten Kessel gefallen – das weiß jedes Kind.
Die Asterix-Bände würdigen nicht nur den Triumph der List über ein Imperium. Sie sind eine beeindruckende Erfolgsgeschichte für sich: Die Abenteuer wurden bisher 385 Millionen Mal verkauft und sind in 116 Sprachen und Dialekten erschienen. Der aktuelle Band kommt mit einer Startauflage von fünf Millionen Stück in den Handel, davon zwei Millionen auf Französisch.
„Asterix und der Greif“, 39. Band, von Jean-Yves Ferri und Didier Conrad, Übersetzung: Klaus Jöken, Egmont Ehapa Verlag, 48 Seiten, 12,40 Euro (Hardcover), 7,40 Euro (kartoniert).
4 von 6 Sterne