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"Die Empörten" ließen erstaunlich kalt

Von (whl)   20.August 2019

Mit einer Uraufführung hat die Schauspielchefin der Salzburger Festspiele, Bettina Hering, am Ende ihrer dritten Saison ein Bekenntnis zur zeitgenössischen Dramatik abgelegt. Doch leider erwiesen sich "Die Empörten" von Theresia Walser am Sonntagabend im Salzburger Landestheater nicht als großer Wurf. Trotz viel Geredes entlang aktueller politischer Themen insgesamt eine Themaverfehlung.

Die Geschichte: In der deutschen Kleinstadt Irberstheim hat sich eine Tragödie ereignet. In der Fußgängerzone ist ein Auto in eine Menschenmenge gerast und hat dabei einen Passanten getötet und zahlreiche weitere verletzt. Unklar ist, ob es ein Unfall oder ein Attentat war. Mancher will "Allahu akbar"-Rufe vernommen haben. Als die mitten im Wahlkampf stehende Bürgermeisterin im Leichenschauhaus erkennt, dass es sich bei dem ebenfalls ums Leben gekommenen Fahrer um ihren eigenen 19-jährigen Halbbruder handelt, beschließt sie, seine Leiche mithilfe ihres zu Hilfe gerufenen zweiten Bruders verschwinden zu lassen.

Zu Beginn des Stückes erscheinen Bürgermeisterin Schaad (Caroline Peters) und ihr bei der Aktion an beiden Händen verletzter und daher einbandagierter Bruder Anton (Sven Prietz) mit dem Leichensack in der Ratsstube. Zunächst nehmen sie sich alle Zeit der Welt, um über den toten Bruder und die Herausforderungen einer politischen Karriere zu plaudern, ehe die Leiche in einer Holztruhe verschwindet, in der sich angeblich bereits Martin Luther (vielleicht sogar Hitler) versteckt haben soll.

Text statt Tempo

Der Stuttgarter Schauspielintendant Burkhard C. Kosminski setzt in seiner Inszenierung ganz auf Text statt auf Tempo. Im Bestreben, alle Feinheiten der Dialoge voll auszuspielen, verliert sich mögliche Situationskomik, es wird aber auch deutlich, dass die Vorlage trotz des aktuellen Populismus- und Fremdenhass-Themas über erstaunlich wenig Substanz und Brisanz verfügt. Vermutlich sollen die Videos von Sebastian Pircher assoziativ mit dem Heimatbegriff spielen, der von Schaads nationaler Widersacherin (Silke Bodenbender als forsche Rechtsauslegerin) in den Wahlkampf eingebracht wird.

Ausflüge in die groteske Überhöhung unternehmen zwei Nebenfiguren: André Jung macht aus dem Bürodiener Pilgrim mit Grandezza eine schillernde Rätselgestalt voller Widerborstigkeit, Anke Schubert rechnet als Frau Achmedi, der nicht recht trauernden Witwe des Opfers, nüchtern und beinhart mit den Vorurteilen der liberalen Politikerin ab.

Walser hat der Bürgermeisterin während der Proben einen Schlussmonolog hinzugeschrieben, in dem noch einmal klargemacht wird: "Wir sitzen alle auf Leichen" und "Die Taten stecken alle schon im Wort." Danke! Das musste ja einmal gesagt werden. Die gestrige Uraufführung erhielt freundlichen Applaus. Bis zur Stuttgarter Premiere im Jänner 2020 hat man jedoch noch einige Zeit und manchen Grund zum Weiterarbeiten... 

Fazit: Am Ende wurde bei der Uraufführung von "Die Empörten" viel gesagt, doch nichts geklärt.

Uraufführung: Theresia Walser, "Die Empörten", Salzburger Landestheater, 18. August

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29. März 2024