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Der stille, unermüdliche Avantgardist

Von Peter Grubmüller, 07. Dezember 2019, 00:04 Uhr
Der stille, unermüdliche Avantgardist
Arnulf Rainer in seinem Atelier in Enzenkirchen im Bezirk Schärding Bild: Alexander Schwarzl

Morgen wird der Künstler und legendäre Übermaler Arnulf Rainer 90 Jahre alt.

"Ein Bild entsteht durch eine Aufeinanderfolge von verschiedenen Gestaltungsakten, und jeder Gestaltungsakt muss das Bild dichter machen, es wird ein ums andere Mal intensiver." Auf die technische Debatte über Schattierungen, Komplementärfarben oder andere schnöde Malregeln wollte und will sich Arnulf Rainer nie einlassen. Das seien bloß handwerkliche Zugaben, die nichts mit Kunst zu tun hätten. Das Handwerk setzt er voraus, der Kunst ist er grübelnd und spürend hinterher. Morgen, Sonntag, wird er 90 Jahre alt. Wie immer verbringt er seinen Geburtstag (und die gesamte kalte Jahreszeit) nicht auf seinem Bauernhof in Enzenkirchen im Bezirk Schärding, sondern auf Teneriffa. Ein Fest möchte er nicht, ein größer angelegtes Frühstück wird es werden, fertig. Seine fortgeschrittene Schwerhörigkeit erspart ihm die Gratulationstelefonate, die erledigt seine Frau Hannelore Ditz.

Der stille, unermüdliche Avantgardist
Eines seiner bemalten Kreuze, die keine sakrale Kunst sind, sondern ob der Symbolhaftigkeit Gedankenimpulse auslösen. Bild: OON

Maßgeblicher Einzelgänger

In seiner unermüdlichen Suche nach Ausdrucksmitteln hat Rainer nicht nur, aber auch ob seiner Übermalungen radikal neue Verfahrensweisen entwickelt. Spätestens seit den 60er-Jahren zählt er unter anderem mit Gerhard Richter (*1932), Sigmar Polke (1941-2010), Georg Baselitz (*1938), Yves Klein (1928-1962), Maria Lassnig (1919-2014) und Bruce Nauman (*1941) international zu den einflussreichsten Gegenwartskünstlern, die sich keiner Bewegung wie Pop-Art, Minimal Art oder Konzeptkunst zugeordnet haben. Sie alle sind stets Einzelgänger geblieben.

Der stille, unermüdliche Avantgardist
Übermaltes Foto „Ohne Titel“ aus der Reihe „Fotoalbum“ Bild: APA

Nationalpolitische Erziehung

Rainer wurde 1929 in Baden bei Wien geboren und wuchs zusammen mit seinem Zwillingsbruder (einem späteren Juristen) in Gainfarn bei Bad Vöslau auf. Die Kunst sei ihm von Anfang an ein Ausweg gewesen, sich nicht mit Politik beschäftigen zu müssen. "Ich war immer der Beste im Zeichnen", sagt Rainer, aber zuerst musste er zusammen mit seinem Bruder wegen der besonderen Begabungen der Buben in die "Napola" nach Traiskirchen, die Nationalpolitische Erziehungsanstalt. Als die Russen 1944 an der Grenze zum Burgenland standen, flüchtete die Familie nach Kärnten, wo Arnulf Rainer zunächst die Baufachschule besuchte und Hochbautechniker lernte. Der Vormieter hatte Kunstbücher hinterlassen, unter anderem über Vincent van Gogh. Rainer: "Das war mein erster Zugang zur Kunst." Einer seiner Lehrer fluchte über den Dadaismus, also begann sich Rainer mit 17 dafür zu interessieren. Nach der Matura besuchte er einen Tag lang die Hochschule für angewandte Kunst in Wien, danach wechselte er an die Akademie der bildenden Künste und blieb für drei Tage. Mit 19 lernte er die um zehn Jahre ältere Maria Lassnig kennen, sie wurden ein Paar und gingen 1951 nach Paris.

Der stille, unermüdliche Avantgardist
Hugo Wolfs Totenmaske – von Rainer übermalt Bild: OON

1953 kehrte Rainer allein in die möbellose Villa seiner Eltern in Gainfarn zurück. Hier entstanden die ersten Proportionsstudien, Kreuze und Selbstübermalungen. Im gleichen Jahr lernte er den katholischen Priester Otto Mauer kennen, der 1954 die Galerie nächst St. Stephan gründete und Rainer wie die gesamte heimische Avantgarde förderte. 1959 rief Rainer mit Ernst Fuchs und Friedensreich Hundertwasser das bis 1968 bestehende "Pintorarium" als "Creatorium zur Einäscherung der Akademie" ins Leben. 1961 wurde er in Wolfsburg wegen der öffentlichen Übermalung eines prämierten Bildes gerichtlich verurteilt. Ab 1963 arbeitete er in Studios in Berlin (West), München und Köln, 1967 bezog er ein großes Atelier in der Mariahilfer Straße in Wien. 1972 nahm er an der "documenta 5" in Kassel teil, 1978 an der Biennale in Venedig.

Der stille, unermüdliche Avantgardist
Rainer mit Christian Ludwig Attersee Bild: OON

Die späten Schleierbilder

Schließlich erwarb Rainer 1980 seine Ateliers im Innviertel und in Bayern. Seine in den vergangenen 20 Jahren entstandenen zarten Schleierbilder erweitern seine dichten, vielschichtigen Bildräume um lichtdurchflutete Farbnebel. Damit werden auch die früheren Werke neu lesbar: Da Zeit, so Rainer, nicht linear sei, erscheinen jene frühen Bilder ebenso als Übergänge zwischen dem Sichtbaren und dem Unsichtbaren – als Ikonen, die einen Ausblick auf die geistige Welt ermöglichen. Aber das will Rainer alles gar nicht besprochen oder gar erörtert wissen: "Es geht um Intensität, um nichts als Intensität."

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Autor
Peter Grubmüller
Ressortleiter Kultur
Peter Grubmüller
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1  Kommentar
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roxy (64 Kommentare)
am 07.12.2019 09:59

gratulation...

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