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Buchtipp: Täglich tiefer in der (Hunde-)Scheiße

Von Helmut Atteneder   27.April 2019

Das Schicksal meint es gerade nicht wirklich gut mit David Bauer. Die Freundin hat ihn verlassen, der Job wird ihm gekündigt, die Wohnung kann er sich nicht mehr leisten und zurück nach Hause, dort wo sein heute betagter und früher vor allem der Mutter gegenüber gewalttätige Vater lebt, will und kann er nicht.

Gut, dass David in Robert einen einzigen, dafür aber wirklich guten Freund zu haben glaubt. Der stellt ihm selbstlos seinen Bungalow für ein Jahr zur Verfügung, weil er sich – angeblich völlig überarbeitet – für ein Jahr in ein buddhistisches Kloster zurückziehen will. Dieser Hoffnungsschimmer entpuppt sich ab dem ersten Tag im Bungalow nebst lauter netten Nachbarn, offenbar alle mit Hunden, nach und nach zum gedanklichen Inferno in Davids Kopf. Eine Kettenreaktion beginnt, ähnlich jener, als Loriot doch nur ein Bild gerade richten wollte. Nur viel unheimlicher.

Langsam kippt die Stimmung

Unerklärliche Dinge passieren. Unzählige Anrufe einer offenbar von ihrem Mann bedrohten Frau, ein nächtlicher Überfall eines Gangstertrios, bei dem Robert anscheinend einige Schulden hinterlassen hat, eine sich täglich vermehrende Ansammlung von Hundekot bei der Hauseinfahrt und dann auch noch ein Drohbrief, scheinbar aus der Nachbarschaft, die David nichts Gutes will.

Nur der superreiche Geschäftsmann Altenburg scheint David gegenüber wohlwollend eingestellt zu sein. Doch auch da kippt nach und nach die Stimmung.

Aus all dem spinnt sich David ein wirres Kopfkino, täglich gerät er tiefer in die (Hunde-)Scheiße. Tag um Tag rückt der Supergau unaufhaltsam näher. Es gibt kein Zurück aus der Endlosschleife der ständig wiederkehrenden und zunehmenden Unbill des Lebens.

Skrupellose Fantasie

Der Salzburger Autor hat mit seinem Roman "Nette Leute mit Hunden" eine geschriebene Entdeckung des Jahres abgeliefert. Mit sprachlicher Leichtigkeit, schrägem Witz und skrupelloser Fantasie treibt er seinen Romanhelden durch dessen verrückt gewordenes Leben.

Die Beschreibung von Davids nach einem Schlaganfall schwer gezeichnetem Vater, den er trotzdem weiter abgrundtief hasst, gerät zu einem beachtlichen Beispiel schreiberischer Kunst.

In Manfred Kochs dargereichter Skurrilitätenkammer bleibt bis zuletzt die Frage offen, ob David sich nicht auch den gewaltsamen Tod seiner Mutter eingeredet hat. Fiktion und Wahrheit greifen ineinander und manipulieren seinen malträtierten Seelenzustand. Der Leser leidet mit und ist aus der sicheren Distanz heraus aber auch ein schmunzelnder Beobachter.

Dazwischen lässt Manfred Koch immer wieder durchatmen und entwickelt Sinn fürs Feinstoffliche. Bei aller Anhäufung der sich überschlagenden Ereignisse gelingt es dem Autor, den Überblick zu bewahren und selbigen auch dem Leser zu bieten – einschließlich einer gelungenen Aufklärung, nachdem es schließlich doch noch zu einem Mord gekommen ist. Großes Kopfkino, absolut empfehlenswert.

 

"Nette Leute mit Hunden": Roman von Manfred Koch, Verlag Gmeiner, 312 Seiten, 15,50 Euro

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29. März 2024