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Beethovens Sinfonien begeisterten akribisch neu gedacht im Brucknerhaus

Von Michael Wruss   16.September 2019

Die achte Symphonie von Ludwig van Beethoven wird nur selten so ernst genommen, wie es die Partitur vorgibt. Vielmehr versucht man, der pastoralen Tonart F-Dur gerecht zu werden und ein harmloses Symphoniechen zu präsentieren. So wie Markus Poschner mit dem Bruckner Orchester musizierte, standen genau jene genialen Modernismen, trickreichen rhythmischen Verschiebungen, jenes Spiel mit Artikulation und Dynamik, die in jedem Moment zur überraschenden Attacke ansetzen, im Mittelpunkt der Interpretation. Nicht viel anders gestaltete Poschner die davor gespielte erste Symphonie, in der Beethoven immer wieder neue Lösungen findet.

Beethovens Sinfonien begeisterten akribisch neu gedacht im Brucknerhaus
Cameron Carpenter

In beiden Symphonien bekommt die Pauke eine neue Rolle, die das Rhythmische stark in den Vordergrund hebt. Dort setzt Poschner an, der scheinbar vollkommen gelassen das Geschehen unaufdringlich zu steuern schien und doch unter Höchstspannung jede einzelne Phrase modellierte, jedem überraschenden Akzent seine Wirkung zukommen ließ und das bestens aufgelegte Bruckner Orchester zu einer fulminanten Höchstleistung hinriss. Das Orchester quittierte das nicht nur mit einer fabelhaften Umsetzung, sondern streute ihm in Form von Applaus Rosen. Der eigentliche Star des Abends, der amerikanische Organist Cameron Carpenter, ging dabei ziemlich unter. Das lag auch an der Aufgabe, das ganze Orgelwerk Bruckners zu Gehör zu bringen. Bruckner war einer der größten Improvisatoren seiner Zeit, zeigte aber für Orgelkompositionen wenig Interesse. Das einzig Spannende an diesem Abend wäre die so genannte "Improvisationsskizze Ischl" gewesen, bei der der greise Komponist 1890 auf seine 22 Jahre zuvor geschriebene erste Symphonie zurückgriff. Allerdings machte Carpenter daraus nicht mehr als ordentliches Orgelspiel, das die harmonische Komplexität weitgehend aussparte und eher wenig stilgerichtet Bruckners Ideen verdrängte. Der exzentrische Organist war hier in seiner überbordenden Technik stark eingebremst, fand für einige Werke eine feine Registrierung, nahm andere wiederum zu schnell, um die Schwellwerkeffekte sinnvoll einsetzen zu können. Bruckners Orgelminiaturen sind interessante Studienobjekte, aber keine wirkliche Konzertmusik.

Fazit: Ein durch seine strenge Zweiteilung eigenwilliges Konzert, bei dem der symphonische Teil mit einem akribischen Neudenken Beethoven’scher Radikalität sicherlich der emotional aufwühlendere und aussagekräftigere war.

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