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Balance zwischen Leid und Genuss

Von Ludwig Heinrich, 26. August 2019, 00:04 Uhr
Balance zwischen Leid und Genuss
Mozarts Musik begleitet den 76-Jährigen von Kindheit an. Bild: apa

Dirigent Daniel Barenboim spricht über sein neues Mozart-Album und die Stadt Salzburg.

Dem Anschein nach ist er immer in Bewegung, immer atemlos. Aber bei den Salzburger Festspielen in der Galerie Budja nahm sich Daniel Barenboim über dreißig Minuten Zeit. Zum Atmen und zum Plaudern. Anlass: Die Veröffentlichung des neuen Albums "Mozart: Piano Trios", eingespielt mit Sohn Michael und Kian Soltani für die Deutsche Grammophon. Zudem stehen zwei Jubiläen bevor.

Zu Mozart hatte Barenboim bald einen Draht gefunden. "Meine Großmutter", erinnert sich der Maestro, "dürfte schon was geahnt haben. Wenn ich als Kind am Klavier Beethoven spielte, meinte sie: ‚Spiel lieber Mozart …‘" In Buenos Aires geboren, kam er bis zu seinem neunten Lebensjahr nie von dort weg. Salzburg wurde seine erste Begegnung mit Europa: "Eine Zeit, die ich nie vergessen werde. Ich kam und habe viele Möglichkeiten genützt, habe zugehört, zugehört, zugehört. Im heutigen Haus für Mozart."

Zwei Jahre später erlebte er, wie der Schweizer Edwin Fischer Mozart-Konzerte spielte und vom Flügel aus dirigierte: "Vielleicht war es ganz natürlich für einen damals Elfjährigen wie mich, dass ich sagte: Genau das möchte ich auch machen. Fischer hat mir aber einen Rat gegeben: ‚Wenn du Mozart vom Klavier aus dirigieren willst, solltest du Dirigieren lernen." Jung-Barenboim nahm den Ratschlag an. Und wo lernte er es? Klar: am Mozarteum in Salzburg. Bei Igor Markevitch: "Da war ich elf, zwölf Jahre alt."

Von Mozart fürs Leben lernen

"Mit Mozart gehst du in die Tiefe der Gefühle und der ganzen Existenz. Er beherrscht die Balance zwischen Heiterkeit und Traurigkeit, zwischen Leiden und Genießen, und das alles klingt bei ihm selbstverständlich. Ganz im Gegensatz etwa zur Gefühlswelt bei Richard Wagner." Daniel Barenboim zitiert einen Ausspruch des Pianisten Arthur Schnabel: "Mozart ist viel zu leicht für Kinder und viel zu schwer für Erwachsene. Er wollte damit sagen, dass bei Mozart die Dinge, in ihrer Natürlichkeit, im Fluss bleiben müssen. Denn er hat, auf natürlichste Weise, alles ausgedrückt, was ein Mensch nur empfinden kann. Mozart ist gewissermaßen der Nullpunkt für alles."

Ein Gedankensprung dazu, was Musik bewirken kann: "Ich habe das erste Konzert mit klassischer Musik in Ghana dirigiert, es war die Neunte von Bruckner. Das Publikum war höchst unsicher. Wenn das Orchester aufstand, standen auch die Zuschauer auf. Wenn sich das Orchester setzte, taten das auch die Besucher. Sie hatten von der Musik offensichtlich keine Ahnung, und dennoch bekamen sie mit, dass da gerade ein großes Ereignis stattfand."

Nächstes Jahr feiert Barenboim sein 70-jähriges Bühnenjubiläum: "Im August 1950 gab ich, mit acht Jahren, mein erstes Konzert. Am selben Tag werde ich 2020 in Salzburg auftreten." Er fühle sich in der Mozartstadt ungemein wohl. "Die Festspiele hier", sagt er, "sind nicht nur eine Sammlung von Konzerten und Opernaufführungen, sondern die Realisierung einer menschlichen Idee von Kontinuität. Eine Sammlung toller Konzerte, mein Gott, das können Sie in jeder Hauptstadt haben. Festspiele aber sollen andere Verbindungen schaffen, und das machen sie in Salzburg wunderbar."

Eine letzte Frage zu seiner Persönlichkeit: "Einer Ihrer Söhne hat in einem Interview gesagt, dass Sie, wohl wegen Ihrer hohen Ansprüche, sehr grantig werden können. Stimmt das?" Ein Schmunzeln: "Ich habe mich selbst nie als Beispiel von Geduld gesehen."

Wolfgang Amadeus Mozart: Piano Trios Daniel Barenboim, Kian Soltani, Michael Barenboim. Deutsche Grammophon, € 22,69

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Autor
Ludwig Heinrich
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1  Kommentar
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beppogrillo (2.507 Kommentare)
am 26.08.2019 12:07

"Die Festspiele hier", sagt Daniel Barenboim, "sind nicht nur eine Sammlung von Konzerten und Opernaufführungen, sondern die Realisierung einer menschlichen Idee von Kontinuität."
Sehr schön und treffend beschrieben !
Aber inzwischen sind leider auch diese Salzburger Festspiele von der unersättlichen Geldgier überwuchert. Allein die Gagen für die "Stars" landen bald auf dem Mars, könnten sozusagen sogar Karajan als armen Vetter erscheinen lassen.
Nicht von ungefähr ist Hugo von Hofmannsthal's Schauspiel vom Leben und Sterben des reichen Mannes schon seit bald 100 Jahren einer der wichtigsten Bestandteile, ohne dass je eine Generation daraus eine Erkenntnis gewonnen hat.
Niemand interessiert sich für den Inhalt, sondern nur dafür, wer die Rollen von Buhlschaft und Jedermann spielt und ob sie auch genug Sexappeal ausstrahlt.

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