Autoren streiten, und die Buchbranche feiert den Aufschwung
Bis Sonntag werden auf der gestern eröffneten 71. Frankfurter Buchmesse 285.000 Besucher erwartet
"Wo liest der Gewinner des Deutschen Buchpreises? Na sagen Sie schon!" Sasa Stanisic war am ersten Tag der 71. Frankfurter Buchmesse der gefragteste Autor. Er las um 11 Uhr in der Halle 3.1 – und im Publikum kam es zu Rempeleien, bis sich alle geschlichtet hatten.
Stanisics Buch "Herkunft" war am Dienstag zum besten deutschsprachigen Roman des Jahres ausgerufen worden. Dann kam noch seine Attacke gegen den Literaturnobelpreis für Peter Handke dazu, was die Anziehungskraft des im Alter von 14 Jahren von Bosnien nach Deutschland Geflüchteten noch vergrößerte. "Nein", sagte Stanisic im Gespräch mit den OÖN, "wütend bin ich nicht, sondern enttäuscht, dass Handkes Lügen über den Balkan-Krieg durch den Nobelpreis Absolution erfahren haben." Dabei gehe es bei Literatur darum, "wie wir Wirklichkeit in Sprache verwandeln".
Auf der größten Buchmesse der Welt geht es auch darum, die Varianten von literarischer Wirklichkeit zu erfassen. Einerseits lesen hier Karl Ove Knausgård als Frontmann der rund 100-köpfigen Autorentruppe aus dem Gastland Norwegen, die frischgebackene Booker-Prize-Gewinnerin Margaret Atwood und Colson Whitehead – der herausragende Chronist der amerikanischen Sklaven- und anderer Unrechtsgeschichte.
Andererseits treibt die Messe auch Thomas Gottschalk mit "Herbstbund", dem zweiten Teil seiner Autobiografie, und Johann Lafer als Koch für alle Fälle auf das Gelände, auf dem bis Sonntag 285.000 Besucher erwartet werden. 7450 Aussteller aus 104 Nationen belegen den Aufschwung der Branche, es wurden rund 150 Messestände mehr als 2018 verkauft. In der Halle 4.1 präsentiert sich der Gemeinschaftsstand vom Hauptverband des Österreichischen Buchhandels mit 28 Verlagen. 54 weitere, darunter der Verlag Ennsthaler aus Steyr, betreiben ihre eigenen Kojen. Die Angst vor der Digitalisierung ist verflogen, das gedruckte Buch hält längst Händchen mit seinen unter zehn Prozent Marktanteil stagnierenden E-Lesevarianten. Der Umsatz der Branche werde 2019 in Deutschland die Zehn-Milliarden-Euro-Grenze überschreiten.
Und was sagt Olga Tokarczuk dazu, dass sie als ebenfalls mit dem Literaturnobelpreis Ausgezeichnete im Handke-Watschentanz untergeht? Tokarczuk: "Ich fühle mich als Good Girl gar nicht so schlecht. Daheim in Polen war ich es ja eher gewohnt, die Böse zu sein."
Forumskolleg_innen,
auf in den Zug nach Frankfurt!
Nächstes Jahr sind wir auch mit einem Buch vertreten - eine Auswahl der besten, originellsten und gemeinsten Postings als Buch mit dem Titel: Die Meinung des Volkes