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Amouröse Dreieckskonstellationen können ganz schön anstrengend sein

Von Christian Schacherreiter   06.September 2019

Iris Schiffer ist 39 Jahre alt und in einer spannenden Phase ihrer Karriere. Es geht steil bergauf. Ein Engagement bei den Salzburger Festspielen zeichnet sich ab, und an der New Yorker Metropolitan Opera wird die Mezzosopranistin in Mozarts "Die Hochzeit des Figaro" den Cherubino singen. Was sie derzeit eigentlich nicht so gut brauchen kann, ist eine Schwangerschaft. Das zentrale Thema in Andrea Grills neuem Roman "Cherubino" ist eine zeittypische Konfliktsituation: Wie vereinbart eine tüchtige Frau beruflichen Erfolg und privates Familienglück?

Iris Schiffer freut sich, als sie erfährt, dass sie schwanger ist. Weil sich bei ihr Optimismus mit Selbstbewusstsein paart, vertraut sie auf die eigene Kraft und auf günstige äußere Umstände. Sie wird das alles schon schaffen!

Zwischen zwei Männern

Extrem günstig sind die Umstände allerdings nicht, denn Iris steht in zärtlichem Einvernehmen mit zwei Männern, mit dem heiteren, extrovertierten Sängerkollegen Sergio, ihrem offiziellen Freund, und mit Ludwig, den sie mehr begehrt und liebt als Sergio, und den sie daher gerne zum Lebenspartner hätte. Das geht aber nicht, denn der um 19 Jahre ältere Ludwig ist schon der Lebenspartner einer anderen Frau und Familienvater seit mehr als zwei Jahrzehnten. Daran will er nichts ändern. Vater für Iris’ Kind will Ludwig keinesfalls sein. Sergio hingegen möchte und könnte schon, aber davon hält die werdende Mama nicht viel.

Iris’ etwas naive Zuversicht, solch eine Konstellation sei doch im 21. Jahrhundert kein Problem mehr, erweist sich als trügerische Wunschvorstellung. Dreieckskonstellationen können ganz schön anstrengend werden. Schwanger zu sein ist etwas anderes als nicht schwanger zu sein, und irgendwann lässt es sich nicht mehr geheim halten. Auch die Möglichkeiten einer modernen Gynäkologie sind nicht nur hilfreich, sondern auch belastend. Das Untersuchungsergebnis "Wahrscheinlich ist das Kind gesund, aber zu 100 % kann man es nicht garantieren" bringt mehr Stress als Hilfe.

Die Freiheit hat ihren Preis

Andrea Grill schildert inhaltlich überzeugend, formal und stilistisch elegant typische Lebenssituationen einer emanzipierten Frau. Sie stellt das Selbstbestimmungsrecht des Menschen in der westlichen Moderne nie in Frage, macht aber auf realistische Weise klar, dass Freiheit auch ihren Preis hat. Entscheiden heißt meistens auch verzichten. In der Kunst und in der Liebe. Beeindruckend ist auch, wie authentisch Andrea Grill konkrete Details aus dem Berufsalltag einer Sängerin darstellt. Dafür hat sie sich, unter anderem bei Angelika Kirchschlager, professionelle Beratung geholt.

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26. April 2024