Alle warten auf den Propheten
Rund 100 Mitwirkende, das Bruckner Orchester in voller Stärke, 400 Kostüme: Die Premiere von Giacomo Meyerbeers Oper "Le Prophète" im Linzer Musiktheater wird zur Massenbewegung auf der Bühne und somit zur logistischen Nagelprobe für das Haus. Wie auch zur künstlerischen: Mit Ausnahme von Adam Kim, der den Mathisen singt, hatte niemand je praktische Erfahrung mit dem bedeutenden, lange in Vergessenheit geratenen deutschen Komponisten. Chefdirigent Markus Poschner inklusive.
"Es war klar, dass dieses Haus einen Meyerbeer spielen muss", sagt Christoph Blitt, leitender Dramaturg am Musiktheater und Meyerbeer-Experte. Was hat er für ein Bauchgefühl für die Premiere am Sonntag? "Vom Stück her ist es ein absoluter Knaller. Man sitzt erst einmal da und denkt, hu... Die Inszenierung beschönigt auch nichts. Es ist auch für den Dirigenten nicht einfach. Die Partitur sieht ein bisschen so aus wie Verdi, und wenn man es so dirigiert, klingt es halt auch so – und das ist falsch. Bei Poschner klingt es so, wie es klingen muss, nämlich nach Meyerbeer." Die Botschaft des am 16. April 1849 in Paris uraufgeführten Werks ist, dass der Mensch ein schwaches, verführbares Wesen sei, das vom Rad der Geschichte gnadenlos überrollt wird und für das privates Glück nicht möglich ist. Auch die Religion bietet keinen Halt. "Dagegen ist die ,Götterdämmerung’ ja fast noch eine leichte Komödie", sagt Blitt.
Richard Wagner, der große Komponist mit verstörend antisemitischer Grundhaltung, war einst (finanzieller wie inspirativer) Günstling Meyerbeers. Später trug er mit verbalen Verunglimpfungen wesentlich dazu bei, dass der reiche Jude Meyerbeer nach und nach von den Spielplänen verschwand.
Premiere: "Le Prophète" von Giacomo Meyerbeer, 22. 9., 19 Uhr, Großer Saal Musiktheater Linz. Infos: landestheater-linz.at