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Adel Tawil: „Kein Fan von schnellen Nachrichten“

Von Reinhold Gruber, 08. Februar 2020, 12:12 Uhr
Für Sänger und Songwriter Adel Tawil haben sich die Prioritäten im Leben verschoben. Bild: Sebastian Magnani

Mit seinen 41 Jahren freut sich Adel Tawil über das Dasein als Vater. Das hat den deutschen Sänger und Songwriter beflügelt. Wie auch die Erkenntnis, dass von einem Moment auf den anderen alles anders sein kann. Im Interview spricht er über Musik, den Wandel der Zeit und die Verantwortung.

„Alles lebt“ heißt Ihr aktuelles Album. Da klingt vieles vertraut, doch zeigen Sie auch neue Facetten. War das Ihr Plan?

Adel Tawil: Absolut. Ich will mich als Musiker immer weiter entwickeln und wollte moderne urbane Beats mit meinen Popmelodien mischen. Ich hatte diesen Wunsch schon lange.

Warum haben Sie sich den Wunsch nicht früher erfüllt?

Weil es immer daran gescheitert ist, dass ich niemanden hatte, der diese Vision mit mir geteilt hat. Dann kam der Duisburger Produzent Juh-Dee, der es genau so gesehen hat wie ich. Es gibt in der Musik keine Grenzen, es geht um die Emotion. So haben wir zusammen probiert, die Popmusik ins neue Jahrzehnt zu bringen.

Sie kommen vom Gesang, von der Wärme Ihrer Stimme und plötzlich rappen Sie in „Liebe to go“. Hat sich das für Sie komisch angefühlt?

Das hat sich für mich ganz natürlich angefühlt, weil es eine Reise zu meinen Wurzeln ist. Ich habe mit Rap und HipHop begonnen und bediene mich bei Songs, in denen ich mit anderen zusammen arbeite, dieses Stilmittels. Aber gerade bei „Liebe to go“ findet sich die Mischung aus HipHop, klassischen Strophen und dem Beat so, wie ich ihn haben wollte. Ich wollte es frischer haben. Trotzdem bin ich es und mache damit keinen harten Bruch.

„Liebe to go“ ist für mich ein Statement gegen die unpersönliche Beschleunigung unseres Lebens. Was nervt Sie daran?

Die Erwartungshaltung in unserer Leistungsgesellschaft ist enorm. Je mehr man sich aufbürdet, je mehr man sich um alles gleichzeitig kümmern muss, desto mehr fällt hinten vom Tisch. Wenn die Liebe vom Tisch fällt, steht man am Ende da und es bleibt vom Leben nicht mehr viel übrig. Das ist für mich keine schöne Vorstellung. 

Was dachten Sie sich beim Schreiben des Liedes?

Ich hatte Bilder von modernen Filialen im Kopf, in denen man sich im Kaffeebecher die Liebe holt. Es kann aber nicht das Ziel sein, sich virtuelle Welten aufzubauen, um sich dort Streicheleinheiten zu holen. Das soll, das darf nicht die Zukunft sein.

Steht das Lied deshalb am Beginn des Albums?

Ja. Ich bin aber niemand, der der Vergangenheit nachtrauert. Die Zukunft soll kommen und ich bin gespannt darauf. Aber man muss ein paar Dinge im Leben auf dem Schirm haben.

Weil es nicht nur um Liebe, sondern auch um Respekt und das Miteinander geht. Da hat sich viel verändert und dadurch geht auch viel verloren. Nicht alles kann man im Vorbeigehen machen, oder?

Absolut. Ich bin kein Fan von schnellen Nachrichten. Im persönlichen Gespräch schwingt viel mehr mit. Das Zwischenmenschliche dürfen wir nicht vernachlässigen.

In „Katsching“ geht es um ein zweites Phänomen unserer Zeit: Wir wollen immer mehr, im besten Fall Geld. Was war die Initialzündung für dieses Lied?

Man beobachtet viel und verfolgt vieles in den Nachrichten. Ich wollte ein übergreifendes Lied über dasThema Turbokapitalismus machen. Da ist etwas aus den Fugen geraten. Es gibt Menschen und Konzerne, die nicht genug bekommen. Es geht im Kleinen los. In Berlin haben wir eine  Wohnungsnot. Die Mieten steigen ohne Ende. Ich gönne jedem erfolgreichen Menschen seinen Luxus, aber man darf dabei nicht übersehen, dass es viele Menschen gibt, die sich vieles nicht leisten können. 

Aber in den sozialen Medien ist doch alles okay...

Diese Flut an Instagram-Stories und -Welten, wo Menschen nur noch an schönen Stränden hängen und in Privatjets sitzen gaukelt uns eine komische heile Welt vor, die es so real gar nicht gibt. Das ist völlig absurd. Viele fallen darauf hinein und wollen auch mehr und mehr. Das stelle ich in „Katsching“ einfach einmal in Frage. Ich spiele damit nicht auf Enteignungsideen wie sie in Berlin auf dem Wohnungsmarkt schon diskutiert worden sind, an. Aber wir sollten schon alle einmal darüber nachdenken, ob das alles wirklich nötig ist.

Mit Geld kann man sich nicht alles kaufen.

Das weiß man und sagt es auch oft. Aber ich habe das gesehen, als ich meinen Unfall hatte und mir im Urlaub den Halswirbel gebrochen habe. Da war nicht klar, ob ich wieder auf die Beine kommen kann. Und dann bin ich noch Vater geworden. Das hat noch einmal alles in meinem Leben verändert.

„Denkmal aus Eisen“ ist das Lied, das zu dieser Veränderung passt. War das die Absicht?

Das Lied gehört eigentlich zum Album vor „Alles lebt“. So war es vorgesehen. Denn es geht um einen Lebensabschnitt, mit dem man abschließt. So gesehen passt „Denkmal aus Eisen“ auch jetzt perfekt. 

Was hat sich für Sie verändert?

Ich will positiv in die Zukunft blicken und die Lebensfreude, die ich gerade spüre, ausdrücken. Auf einmal macht alles so viel mehr Sinn. Natürlich denke ich über gewisse Dinge viel mehr  nach, seit ich Vater geworden bin. Mich hat vorher der Klimaschutz auch interessiert. Aber ich war ein Egoist und fast schon ein Narziss. Die Welt dreht sich da nur um einen selbst. Mit einem Kind ist das ganz anders. Man spürt, dass es viel etwas Größeres gibt, als einen selbst. Man verändert sich automatisch. Auch die Verantwortung wächst.Und ich merke wie mein politisches Bewusstsein mit jedem Tag wächst. Dass wir alle zusammen etwas machen müssen.

Das muss aber schnell geschehen, wenn man sich ansieht, was politische in Europa, auf der Welt los ist?

Richtig. Die Zeit drängt. Ich halte es für unmöglich, dass man Wissenschafter mit Hilfe von Populisten und den sozialen Medien in Frage stellt. Dass Menschen dadurch plötzlich zu zweifeln beginnen, halte ich für ein fatales Signal. Da stellt sich die Jugend beim Klimaschutz jetzt kompromisslos und mit aller Macht dagegen. Und das ist gut so. Das muss ich unterstützen.

Aktuelles Album: Adel Tawil „Alles lebt“ (BMG)

 

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Autor
Reinhold Gruber
Lokalredakteur Linz
Reinhold Gruber
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