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Wie eine alte Wienerin Freundin eines jungen Linzers wurde

Von Nora Bruckmüller   10.Oktober 2013

1989 zog der Linzer Filmemacher Edgar Honetschläger als Student in Wien neben Pauline Schürz ein. Sie war damals 82, er 25 Jahre alt. 20 Jahre lang, bis zur Schürz’ Tod im Alter von 102 Jahren, waren sie die besten Freunde. Ihre letzten neun Jahre dokumentierte der Urfahraner im Film „Omsch“.

Trailer zu "Omsch":

 

OÖNachrichten: Wie haben Sie 1989 bei Ihrer Nachbarin gemerkt, dass Sie Freunde werden?
Honetschläger: Das spürt man in der Regel immer im ersten Moment. Als ich damals bei ihr anklopfte und sie aufmachte, dachte ich: „Mhm, ich hab’ aber eine ziemlich alte Nachbarin.“ Aber sie war gleich so süß und hilfsbereit mir gegenüber als jungem Menschen. Es war Winter. Es war kalt. Sie gleich einen Tee für mich gemacht.

Der Titel Ihres Films „Omsch“ leitet sich von „Oma“ ab. Es würde aber nicht reichen, sie bloß als Ersatz-Oma zu bezeichnen.
Sie hat in ihren letzten Jahren immer betont: „Wenn ich einmal nicht mehr bin, wirst du erkennen, wie nah wir einander waren.“ Sie war meine beste Freundin und ich war ihr bester Freund. Sie war auch meine beste Ratgeberin. Es gibt sie seit vier Jahren nicht mehr, und ich vermisse ihren Rat sehr.

Gab es Skepsis, weil Sie als junger Mensch mit einem alten befreundet waren? Freunschaft bedeutet für viele ja gleiches Alter.
Genau das finde ich falsch. Ich schrecke mich, wenn ich auf Festen nur Leute gleichen Alters sehe. Wenn ich einlade, spanne ich einen Bogen vom Teenager zum Hundertjährigen. Es klingt zwar wie eine Plattitüde, aber die Lebenserfahrung alter Menschen ist so wertvoll. Und die kann man sich nicht über das Internet holen.

Was haben Sie von ihr gelernt?
Je älter Menschen werden, umso höher ist der Grad an bestimmter Freiheit. Ist man hundert Jahre alt geworden, sind einem fast keine Freunde geblieben. Das ist zwar sehr traurig, aber man muss niemandem mehr etwas beweisen. Sie war auch immer extrem neugierig zu erfahren, wie es weitergeht, und hatte eine große Willensstärke.

Wie lange hat es gedauert, ihren Tod 2009 zu verarbeiten?
Sie wollte partout nicht, dass ich dabei bin, wenn sie geht. Sie hatte am Ende Pflege zu Hause. Sie lag im Bett, und bei einer Verabschiedung war klar: Wir werden uns nicht mehr sehen. Sie hat mir auch verboten, auf ihr Begräbnis zu gehen. Es war traurig, und ich habe auch nicht gesagt: Die Omsch ist nicht mehr, jetzt kommt der Film.

Wann war es dann möglich?
Ich konnte mir das Material zweieinhalb Jahre lang nicht anschauen. Als mein Kollege es dann gesichtet hat, habe ich aus dem Augenwinkel hingeschaut und musste oft so lachen. Sie war wieder da.

Wie, glauben Sie, konnte Ihre Nachbarin so alt werden?
Sie hat sich schon als junge Frau darauf vorbereitet, alt zu werden. Mit 30 Jahren hat sie sich deshalb schon täglich die Knie eingecremt, mit hundert ist sie noch einkaufen gegangen. Und sie war immer sehr hart zu sich selbst. Sie konnte noch so viele Schmerzen haben, sie hat es nicht gezeigt. Sie hat ihr „Weniger-Werden“ akzeptiert.

 

„Omsch“ – Kammerl-Spiel der Generationen

Die weiß, wer sie ist, was sie will und lebt ihr Leben – trotz ihres hohen Alters. Dies alles erkennt man in Edgar Honetschlägers Doku „Omsch“ sofort an seiner Nachbarin und besten Freundin Pauline Schürz. 20 Jahre lang führten sie und der Filmemacher Gespräche, fast zehn Jahre dokumentierte er ihr Wesen und ihr Miteinander. In „Omsch“ wird Schürz zum Gewinn des Films nicht als Zeitzeugin präsentiert, sondern ihre Erfahrungen als Jahrhundertmensch werden offen gelegt – auf sehr persönliche Weise, wenn sie beispielsweise Weisheiten oder liebevolle Strenge verschenkt. Die Doku zeigt ein feinsinniges „Kammerl“-Spiel in ihren Wohnungen – mit humorvollen, menschlichen Momenten, die an Vergänglichkeit, den Wert der Älteren und den Bestand der Freundschaft erinnern.
Omsch: A 2013, 83 Min., OÖN-Bewertung: fünf von sechs Sternen

„Omsch“-Premiere in Linz: 5x2 Karten zu gewinnen!

OÖN-Filmvorschau

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24. April 2024