Von weißen Brautkleidern und dunklen Geheimnissen
„Rachels Hochzeit“ (USA 2009, 113 Min.) Regie: Jonathan Demme (Moviemento OF, Megaplex, Cineplexx) OÖN Bewertung: Hochzeit! Da tanzen im Geiste die Bilder vom weißen Kleid, von Blumenschmuck und Sitzordnung, da entspinnen sich Gedanken um das ...
„Rachels Hochzeit“ (USA 2009, 113 Min.) Regie: Jonathan Demme (Moviemento OF, Megaplex, Cineplexx)
OÖN Bewertung:
Hochzeit! Da tanzen im Geiste die Bilder vom weißen Kleid, von Blumenschmuck und Sitzordnung, da entspinnen sich Gedanken um das vereinende Foto von Familie und Freunden im vorgeschriebenen Zeremoniell der Fröhlich- und Freundlichkeit.
Familienmitglieder, alle auf einen Haufen, eifrig bemüht, die Spannungen und Zerwürfnisse zu überlächeln, die dann doch aufbrechen – nicht erst seit Thomas Vinterbergs „Das Fest“ sind Familienfeiern als Kinokost ein gefundenes Fressen. Für Rachels (Rosemarie DeWitt) Hochzeit bekommt sogar die kleine Schwester Kym (Anne Hathaway) Urlaub aus der Entzugsklinik. Im idyllischen Landhaus in Connecticut fordert sie das Gleichgewicht heraus: als schwarzes Schaf, rauchender Vulkan, rohes Ei, als Störenfried, abwechselnd Unterstützung heischend und Aufmerksamkeit erzwingend.
Manchmal Verständnis, manchmal Abscheu, manchmal Interesse: Die Reaktionen, die die seit neun Monaten trockene Kym beim Zuschauer auslöst, wechseln so schnell wie ihre Launen, auf jeden Fall stiehlt sie durch ihre bloße Anwesenheit ihrer Schwester die Schau.
Zwei Tage hat Kym Pause von der Reha, zwei Tage bleibt der Zuseher nahe an ihr. Nur langsam taucht ihre Vergangenheit an die Oberfläche, offenbart sich das Verschwiegene rund um den Tod des kleinen Bruders, an dem diese Familie zu tragen hat. Spannend schält sich Schicht um Schicht von der Wahrheit, wird der Zuseher auf falsche Fährten gelockt und dann doch wieder mit dem Kopf in die Realität zurückgestoßen.
Jenny Lumet, Tochter von Regie-Könner Sidney, schrieb das fein, genau und scharfsinnig beobachtete Drehbuch. Eine Handkamera dringt in das Geschehen vom Probedinner bis zum Hochzeitstanz verwackelt und sehr subjektiv ein.
Junkie statt Disneymaus
Anne Hathaway liefert als selbstsüchtige, kettenrauchende Ex-Alkohol- und Drogenabhängige eine Leistung ab, die nicht nur zu Recht oscarnominiert wurde, sondern auch in völligem Gegensatz zu ihrem mädchenhaft-entzückenden Komödien-Image steht.
Bei diesem Familientreffen ist man näher dran als bei manch selbst erlebtem – und wird am Ende mit einem positiven Gefühl entlassen.